I: Hallo und herzlich Willkommen zu „Von Achtsam bis Zuckerfrei“, dem Gesundheitspodcast der Audi BKK. Dieser widmet sich in jeder Staffel ganz ausgiebig einem Thema, hier Cybermobbing. Hallo liebe Hörer:innen und willkommen zu unserer letzten Folge zum Thema Cybermobbing. In dieser Folge möchten wir den Blickwinkel der Lehrer:innen einnehmen und schauen was man tun kann, wenn es in der eigenen Klasse Verdachtsfälle oder schon bestätigte Fälle von Cybermobbing gibt. Außerdem geben wir Tipps was man präventiv gegen Cybermobbing tun kann. Um diese Folge möglichst spannend zu gestalten haben wir uns ein Fallbeispiel überlegt. Wir werden in dieser Folge die Lehrerin Anne begleiten, in deren sechsten Klasse ein leichter bis mittelschwerer Cybermobbing-Fall auftritt. Dabei können wir bei allen angesprochenen Maßnahmen nicht ins Detail gehen, das würde den Rahmen dieser Folge sprengen. Es ist eher so gedacht, dass Sie am Ende von wichtigen Begriffen schon mal gehört haben, um dann den weiterführenden Informationen zu folgen und sich über Dinge, die für Sie relevant sind, weiter informieren zu können. Ich freue mich sehr für diese Folge auch wieder Marie Leißner begrüßen zu dürfen, von den Digitalen Helden, die Sie schon in der ersten Folge der Cybermobbing-Staffel kennengelernt haben. Die Digitalen Helden stehen viel in Kontakt mit Schulen und bekommen so mit, was die wirklichen Cybermobbing-Fälle sind, wie die ablaufen, wie die gängigen Mechanismen sind und deswegen ist sie eine ideale und sehr kompetente Ansprechpartnerin für diese Folge. Marie wird also immer die Antworten von unserer fiktiven Lehrerin Anne übernehmen. Dann steigen wir doch mal direkt ein. Anne ist Klassenlehrerin einer sechsten Klasse. Sie kennt die Schüler:innen schon seit sie die Grundschule verlassen haben und macht sich Sorgen. Die Gruppendynamik hat sich sehr verändert, insbesondere Tom macht ihr Sorgen. Eigentlich war er ein guter Schüler, doch in letzter Zeit werden seine Noten schlechter. Er zieht sich immer mehr zurück und meidet die Clique um Hannes. Dieses Jahr hat er sogar häufig gefehlt. Angeblich war er immer krank und hatte auch eine Entschuldigung seiner Eltern. Anne weiß allerdings nicht, wie sie sich jetzt am besten Verhalten soll. Was würdest du ihr raten Marie?
B: Hallo Ilka. Ja klar. Also das ist natürlich ein relativ kniffliger Fall von Tom und auch die Situation in der Anne jetzt gerade ist. Es ist natürlich schwer einzuschätzen, woran es jetzt eigentlich liegt, dass Tom sich so ein bisschen zurückzieht und deswegen würde ich an der Stelle erstmal raten, alles gut zu dokumentieren. Also bevor voreilige Schlüsse gezogen und sofort Gespräche mit den Eltern gesucht werden, oder irgendwas angesprochen wird, was vielleicht gar nicht vorliegt, erstmal dokumentieren. Wie verhält sich denn die Klasse, wie verhält sich denn die Clique um Hannes und wie verhält sich denn Tom eigentlich in welcher Situation.
I: Ja, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass eine Dokumentation, vielleicht auch mit Datum, Uhrzeit, kurzer Beschreibung was passiert ist, einem hilft auseinanderzudividieren, ob es wirklich Cybermobbing ist, beziehungsweise Mobbing. Denn wir haben ja in der ersten Folge gelernt, dass wir ganz oft Konflikte fälschlicherweise als Cybermobbing-Fall einordnen. Damit etwas Mobbing ist, müssen bestimmte Kriterien eintreten, wie dass etwas wiederkehrend ist, dass das Ungleichgewicht der Kräfte vorliegt. Und dass es auch über einen längeren Zeitraum von den gleichen Menschen geschieht. Über eine Dokumentation lässt sich das sehr gut überprüfen. Angenommen Anne macht das jetzt, was kann sie dann noch für Tom machen?
B: Parallel dazu, sollte sie dann versuchen ein ganz gutes Verhältnis zu Tom aufzubauen, ohne über ihn zu urteilen, ohne zu denken, dass er sich vielleicht selber in die Situation hineinmanövriert hat. Sondern versuchen, Vertrauen zu ihm zu schaffen und erstmal an der Stelle vorsichtig zu sein mit eigenen Lösungsvorschlägen. Und ohne sein Einverständnis, also ohne vorher mit ihm geredet zu haben, erst mal mit niemandem zu sprechen. Also ohne es vorher mit ihm abgeklärt zu haben schon seine Eltern zu kontaktieren oder die anderen zu Fragen. Sondern lieber Vertrauen zu ihm aufbauen und parallel anonym mit einer anderen Vertrauensperson sprechen.
I: Anne vermeidet also Druck jeglicher Art auf Tom auszuüben und ist einfach für ihn da, hört ihm zu und bietet ihm immer wieder ihre Hilfe an. Es dauert eine ganze Weile, aber dann rückt Tom mit der Sprache raus. Irgendwann öffnet er sich und erzählt ihr wie alles angefangen hat, nämlich bei WhatsApp. Es gab eine Klassengruppe, in der Hannes sich immer wieder über ihn lustig gemacht hat. Keiner hat ihm dort beigestanden, viele haben einfach gar nichts geschrieben, außer natürlich die Clique um Hannes selbst, die haben natürlich mitgemacht. Irgendwann wurde dann sogar eine zweite Gruppe gegründet, aber alle durften dort rein, nur Tom nicht. Tom stinkt wurde sie genannt und es wurde überhaupt nicht verheimlicht, dass es diese Gruppe gibt. Tom sollte das ruhig wissen. Letztlich vertraute er sich Anne nur an, weil sie ihm versprochen hat, es nicht weiter zu erzählen. Aber Anne möchte ihm natürlich helfen. Was kann sie jetzt für ihn tun?
B: Das eben aufgebaute Vertrauen möchte Anne natürlich nicht wieder brechen, indem sie die Informationen direkt an Dritte weitergibt. Deswegen würde ich empfehlen erstmal die Verfassung von Tom einzuschätzen. Gibt es gerade eine akute Gefährdung für ihn oder für andere? Ansonsten erst mal das Gespräch mit Tom suchen, gemeinsam nach einer Lösung suchen und überlegen, wie man jetzt weiter vorgehen kann.
I: In diesem Gespräch stellt sich heraus, dass Tom keine akuten Gedanken hat, weder gegen sich noch gegen andere. Allerdings zweifelt er schon an sich und hat das Gefühl, dass er es irgendwie verdient hat. Dass er vielleicht etwas gemacht hat, damit die anderen ihn so behandeln. Wie kann Anne ihn dort aufbauen?
B: Da ist es natürlich ganz wichtig ihn immer wieder zu bestärken, dass er nicht schuld daran ist, wie die anderen gerade mit ihm umgehen. Anne sollte ihm immer wieder zeigen, dass er nichts falsch gemacht hat, und dass er es auch nicht verdient hat so behandelt zu werden. Dabei ist ganz, ganz wichtig, dass selbstverletzendes Verhalten die Situation auch nicht lösen wird. Denn gerade in der Pubertät denkt man auch oft, dass man für immer in der Situation gefangen ist. Deswegen ist es an der Stelle ganz, ganz wichtig, dass Anne ihm Mut zuspricht die Situation jetzt auch ja auszuhalten und darauf zu vertrauen, dass sich auch wieder was ändern wird und dass es nicht für immer so bleiben wird.
I: Anne und Tom stehen im regelmäßigen Austausch miteinander und Tom hat das Gefühl, dass er ihr jetzt wirklich Vertrauen kann. Deswegen gibt er ihr das Einverständnis, die nächsten Schritte zu gehen und auch andere Menschen miteinzubeziehen. Welche Schritte könnten das denn sein?
B: Der allererste Schritt könnte sein, ihn darauf vorzubereiten, die Eltern mit ins Boot zu holen, und den Eltern zu sagen, was eigentlich gerade passiert. Dann können natürlich auch noch andere Vertrauenspersonen über den ganz konkreten Fall informiert werden. Also vielleicht die allerbesten Freunde, Geschwister und die können dann gemeinsam mit Hannes reden und ihm da auch wieder Kraft geben. Aber nur, wenn auch wirklich die gesamte Gruppe, die in den Mobbing-Prozess involviert ist, dann auch zum Gespräch gebeten wird, kann wirklich was verändert werden. Deswegen muss langfristig dann mit der gesamten Klasse, beziehungsweise mit allen, die in den Mobbing-Prozess involviert sind, geredet werden. Das ganze Problem muss aus der Virtualität rausgelöst werden, um es etwas greifbarer zu machen. Und dabei kommt es gar nicht darauf an wer jetzt angefangen hat, wer alles mitgemacht hat. Denn bei Mobbingprozessen sind oft einfach viele beteiligt und da müssen jetzt alle Schüler:innen, die Eltern und auch die beteiligten Lehrer:innen, die was mitbekommen haben, zusammenarbeiten. Alle müssen an einen Tisch geholt werden und dann am besten noch eine objektive Person dazu, die am besten eine Mediator-Ausbildung hat oder Schulsozialarbeiter:in ist. Den ganzen Vorgang nennt man „No Blame Approach“. Dabei werden alle Beteiligten an einen Tisch geholt, ohne, dass eine bestimmte Partei beschuldigt wird, weder Betroffene noch Täter:innen. Der Fokus liegt beim „No Blame Approach“, wie der Name schon sagt, nicht auf der Suche eines Schuldigen, sondern auf der Lösung des Problems.
I: Auf diese Weise gelingt es wirklich den Fall zu klären. Damit sowas nicht nochmal passiert möchte Anne einiges präventiv einführen. Was gibt es denn da so für Möglichkeiten? Wie kann man die Schüler schon auf solche Themen vorbereiten und vielleicht verhindern, dass es zu solchen Vorfällen kommt?
B: Hier gibt es ganz viele Möglichkeiten wie man präventiv vorgehen kann, da sind quasi der Kreativität eigentlich keine Grenzen gesetzt. Man sollte auf jeden Fall das Thema Mobbing, aber auch die Virtualität, also das Thema Cybermobbing im Unterricht behandeln. Am besten in einer Klassenlehrer-Stunde oder Gemeinschaftsstunde oder vielleicht auch in regelmäßigen Projekttagen zum Thema Mobbing und Cybermobbing. Da gibt es ganz viele hilfreiche Arbeitsblätter und Gruppenübungen, die einem dabei helfen Schüler:innen dafür zu sensibilisieren und sich mehr und intensiver auch wirklich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Da ist wahrscheinlich sogar ein Projekttag noch geeigneter als einfach nur eine Stunde, weil das Thema dann intensiver bearbeitet wird. Dafür gibt es ganz hilfreiche Informationen auf sprichdrueber.de und auch gute Übungen und Arbeitsblätter auf klicksafe.de. Grundsätzlich sollte man, unabhängig von den Projekttagen, auch immer mit seinen Schüler:innen Zivilcourage fördern, denn jetzt gerade in diesen Zeiten, in denen auch im Internet so viel Hass geschürt wird, ist Zivilcourage gefragter denn je. Eine Möglichkeit, um auch wirklich präventiv auf Cybermobbing eingehen zu können, ist außerdem ein Kummerkasten. Sodass diejenigen, die davon betroffen sind oder vielleicht auch diejenigen, die das mitbekommen, die klassischen Bystander. Also die, die sich eigentlich nicht trauen würden, irgendwie einzugreifen, aber die Möglichkeit haben etwas zu melden und zu sagen, dass da gerade was nicht mit rechten Dingen zugeht, dass gerade echt mächtig was schiefläuft. Dass die, die Möglichkeit haben, das zu melden, ohne sich vielleicht vor jemanden zu stellen, weil das ist nämlich oft auch der Mut, der an der Stelle noch fehlt. Deswegen ist so ein Kummerkasten vielleicht ein erstes Instrument, um zumindest stille Zivilcourage fördern zu können. Gerade, wenn wir im digitalen Raum unterwegs sind, uns mit digitalen Themen beschäftigen, ist natürlich auch ganz, ganz wichtig einfach präventiv über die rechtliche Lage aufzuklären. Also beispielsweise über das Recht am eigenen Bild, an Fotos zu informieren. Und zu erklären, dass es zum Beispiel eine Straftat ist Fotomanipulationen zu erstellen oder Bilder weiter zu verschicken, ohne die Einwilligung des anderen. Dabei ist auch ganz wichtig, dass man sich immer wieder ins Bewusstsein ruft, dass es immer Konflikte geben wird. Konflikte sind einfach ganz normal und auch gerade in der Schule, in der Schulzeit und während der Pubertät ist es ganz normal, dass es immer wieder Reibungen, Streitereien und Konflikte geben wird. Das wichtige dabei ist nur, dass die nicht eskalieren und nicht zu einem Gruppenprozess werden. Das heißt, dass aus dem Konflikt kein langfristiges Mobbing wird, was dann einen oder eine Betroffene auch langfristig zermürbt. Deswegen ist es ganz wichtig und sinnvoll den Schüler:innen den gesunden Umgang mit Konflikten und richtiges Streiten und Diskutieren beizubringen. Das kann man natürlich auch gut gerade in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern mit einbringen oder zum Beispiel in den Deutschunterricht. Und zu guter Letzt ist es ganz wichtig auch von Anfang an zu vermitteln, sich immer gegen Mobbing oder auch Cybermobbing zur Wehr zu setzen. Dass es grundsätzlich überhaupt gar keinen Grund für Schuldgefühle gibt und dass man die Schuld als Betroffener nie bei sich selber suchen sollte, da man dann in eine Abwärtsspirale hineingerät. Dann wird alles nur noch schlimmer.
I: Da gibt es ja wirklich viele Möglichkeiten. Ich glaube, wenn man sich ein bisschen an diese Unterlagen und den Übungen orientiert, kann man da bestimmt ganze Tage mit füllen und einiges bewirken. Sowohl die Förderung der allgemeinen Zivilcourage aber auch die speziellen Cybermobbing Tage klingen für mich sehr vielversprechend. Wie ist es denn, wenn man auch die Eltern mitnehmen möchte? Was kann man tun, um die aufzuklären?
B: Die Eltern sind natürlich immer, ähnlich wie die Lehrer:innen auch, nicht so ganz im Prozess mit involviert. Da ist eine Generationengrenze dazwischen. Das heißt Eltern zu involvieren in jugendliche Prozesse ist relativ schwierig. Nichtsdestotrotz hat man als Lehrkraft oder als Schulsozialarbeiter:in die Möglichkeit das Thema auf Elternabenden anzusprechen. Oder auch einen gesamten Elternabend im Jahrgang dem Thema „Digitales in der Schule“ und dann auch dem Thema Cybermobbing zu widmen. Man kann verschiedene Möglichkeiten etablieren, um Eltern im Kontext Schule dann zu informieren. Egal welche Möglichkeit man davon wählt, es ist dabei aber wichtig, dass man in diesem Kontext dann immer die Eltern ermuntert viel mit ihren Kindern zu sprechen. Sich interessiert an der Nutzungsweise von ihrem Handy zu zeigen, also welche Apps nutzt mein Kind eigentlich, welche Spiele spielt mein Kind. Mit wem schreibt er oder sie eigentlich auf WhatsApp und was passiert da eigentlich. Weil, wenn dann in einem akuten Verdacht von Cybermobbing ein bisschen genauer nachgehakt wird, wer war das eigentlich, wer hat eigentlich was geschrieben und wie ist das zustande gekommen, dann fällt es natürlich nicht ganz so auf, als wenn Eltern gar kein Interesse an der Nutzung des Handys von ihren Kindern zeigen und dann auf einmal im konkreten Fall ganz viel nachfragen. Dann läuft man eher Gefahr, dass das Kind dann zumacht, nichts erzählt, weil es Angst davor hat verurteilt zu werden und beschuldigt zu werden sich selber vielleicht in die Situation rein manövriert zu haben.
I: Außerdem können wir da die dritte Folge der Cybermobbing Staffel absolut empfehlen, die wir ganz den Eltern gewidmet haben. Kommen wir aber zurück zu den Schüler:innen. Diese haben häufig eine Hürde, mit Eltern oder Lehrer:innen zu reden, weil es ihnen peinlich ist. Was kann man tun, um von Anfang an diese Hürde abzubauen?
B: Das habe ich ja eben gerade schon ein bisschen angesprochen, dass Eltern, aber auch Lehrer:innen, oft durch diese transparente Generationengrenze aus solchen Prozessen total ausgeschlossen sind. Deswegen ist es auch der Schüler:innen oft peinlich über sowas zu reden. Da kann eine Lösung sein, dass man ältere Schüler:innen mit einbezieht. Das könnten zum Beispiel Pat:innen oder Mentor:innen sein oder Streitschlichter:innen. Oder auch gleichaltrige, die sowas wie Peer-Berater:innen sind, weil sich die Betroffenen ihnen dann eher anvertrauen und das Verständnis viel, viel höher ist. Grundsätzlich kann damit eine viel höhere allgemeine Solidarität gegen Mobbing und Cybermobbing entstehen und diese Peer-Berater:innen, die können dadurch sowohl präventiv als auch intervenierend tätig sein. Also präventiv, indem sie aufklären zu den Themen Medien und Mediennutzung und zu den ganzen Themen, die ich davor gerade genannt habe. Mit Recht am eigenen Bild und weiterversenden von manipulierten Bildern und so weiter können sie quasi präventiv aufklären. Aber sie können auch ein intervenierendes Medium sein, indem sie auch wieder die Probleme aus dem digitalen Rahmen in die Realität zurückbringen. Indem sie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner sind an der Schule und so auch allen greifbarer gemacht wird, was die Täter:innen und auch die Bystander eigentlich anstellen und es wird ihnen bewusster, was sie damit eigentlich anrichten können.
I: Das stimmt. Auch bei Tom fing alles digital über eine WhatsApp Gruppe an. Menschen fällt es leichter dort verletzende Kommentare zu hinterlassen, als sie im echten Leben zu sagen. Was kann man also tun, um die Bildung dieser WhatsApp Gruppen zu vermeiden?
B: Da natürlich erstmal zu sensibilisieren. Dafür gibt es kein Gesetz, dass die Gruppen nicht gebildet werden dürfen. Jeder darf WhatsApp Gruppen machen und da dürfen auch Leute ausgegrenzt werden. Das heißt, da gibt es kein Gesetz, wie beim Recht am eigenen Bild oder bei Fotomontagen, auf die man sich berufen kann. Deswegen es ist hier wichtig erstmal Regeln für den gemeinsamen digitalen Umgang in der Klasse zu erstellen, auf die man sich dann im Nachhinein berufen kann. Wir von den Digitalen Helden haben da zum Beispiel den Klassenchat-Kurs entwickelt. Der ist auch kostenlos, den kann einfach jeder aufrufen und der bietet sich besonders an für Lehrkräfte von der fünften und sechsten Klasse. Dabei helfen wir digitale Klassenregeln für die Klassengruppe zu erstellen. Wenn man diese Regeln dann einmal erstellt hat, dann ist es ein bisschen wie im Straßenverkehr. Auch dann, wenn es die Regeln gibt, gibt es immer wieder welche die auch quasi über rot fahren und sich über die Regeln hinwegsetzen. Aber dann hat man anhand der Regeln, die man erstellt hat, zumindest schon mal sowas, wie die Straßenverkehrsordnung etabliert. Und kann sich dann darauf immer wieder berufen und hat damit gleichzeitig seine Schüler:innen auf zum Thema sensibilisiert.
I: Das klingt für mich sehr effektiv. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich Kinder oder Jugendliche von gleichaltrigen vielmehr sagen lassen. (B: Ja genau. Auf jeden Fall hat man dann nämlich auch was worauf man sich berufen kann.) In diesem Fall, bei Tom ist alles gut ausgegangen, aber es war auch kein schwieriger Fall. Manchmal ist es so, dass all diese Maßnahmen nichts bringen oder dass es schon einen Schritt weiter ist. Das auch manipulierte Bilder im Umlauf sind. Vielleicht richtet sich das Cybermobbing sogar gegen die Lehrkraft selbst. Was kann ich denn in diesen extremeren Fällen tun?
B: Das was wir jetzt beschrieben haben, das war so ein klassischer Mobbingfall oder klassischer Cybermobbing-Fall, indem es jetzt auch noch nicht wirklich rechtliche Konsequenzen gebraucht hat. Wenn es sich um eine enorme Diffamierung von Personen, um absoluten Missbrauch von Daten und so weiter handelt, dann muss natürlich härter durchgegriffen werden. Sobald wir uns im strafrechtlich relevanten Bereich befinden muss die Schulleitung informiert werden. Besonders wenn man nicht weiß wer genau dahintersteckt. Eltern müssen sofort mit ins Boot geholt werden und es muss grundsätzlich einfach härter durchgegriffen werden, sodass dann sogar auch zivilrechtlich oder strafrechtlich dagegen vorgegangen werden muss. Auch da sollte man nie alleine vorgehen, sondern sich immer erst mal die Hilfe von Fachkräften holen. Also die Schulsozialarbeit, Schulpsychologie mit ins Boot holen und sich dann auch rechtliche Hilfe holen, die sich besonders auf Schule spezialisiert hat. Grundsätzlich sollte man deswegen immer, sobald es sich irgendwie im strafrechtlich relevanten Bereich befindet, härter durchgreifen und auch den Schüler:innen klarmachen, dass das was sie gerade machen, nicht legal ist.
I: Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass vielen Kindern wirklich gar nicht bewusst ist, dass das illegal ist, was sie da tun. Deswegen ist es glaube ich ein sehr wichtiger Ansatz da von Anfang an aufzuklären.
B: Gerade wenn wir uns in Bereichen befinden, wie das Sticker oder Memes von Lehrkräften erstellt werden oder von anderen Schülern, dann wissen die Schüler oft nicht, dass das was sie gerade machen strafrechtlich relevant ist. Und deswegen ist es da ganz wichtig, sowohl präventiv aber auch in der Intervention Maßnahmen folgen zu lassen. Das ist zwar hart, aber auf jeden Fall notwendig, um das langfristig auch einzudämmen.
I: Damit wissen wir jetzt, wie wir sowohl präventiv als auch intervenierend gegen Cybermobbing vorgehen können. Vielen Dank liebe Marie, dass Du und die Digitalen Helden uns hier so schön zur Seite gestanden habt. Ich hoffe sehr, dass Sie als Lehrkraft nun ein paar Ideen haben, sei es der „No Blame Approach“ oder das „Peer Group Mentoring“. Natürlich können wir diese Ansätze hier nicht tiefgreifend besprechen, aber ich hoffe, dass Sie damit jetzt eine Idee davon bekommen haben, was Sie an Möglichkeiten zur Verfügung haben und nun weitere Informationen dazu einholen. Ein super Ansatz ist dafür unsere Seite www.sprichdrueber.de, wo wir die wichtigsten Informationen der Cybermobbing Folgen gesammelt haben und auch weitergehende Informationen verlinken.
B: Ja, danke Dir, Ilka und vielen Dank, dass ich hier sein durfte, und dass ihr euch so einem wichtigen Thema in diesem Podcast annehmt. Und damit endet auch schon unsere zweite Staffel zum Thema Cybermobbing. Wir haben in der ersten Folge einen Rundum-Blick gegeben, in der zweiten Folge haben wir uns die Perspektive von Schüler:innen gewidmet, in der dritten Folge den Eltern und das war jetzt die abschließende Folge für die Lehrer. Falls sie eine davon verpasst haben können sie die gerne nachholen oder auch viele der Informationen auf www.sprichdrueber.de nachlesen. Abonnieren sie gerne unseren Kanal, um auch weitere spannende Staffeln nicht zu verpassen.