I: Herzlich willkommen zu „Von achtsam bis zuckerfrei“, dem Gesundheitspodcast der Audi BKK. In diesem widmen wir uns einer Vielzahl an Themen, die Körper und Geist betreffen. Gerade jetzt, wo der Sommer ansteht, geht bei vielen das Gedankenkarussell los. Bin ich schlank genug, kann ich mich so zeigen? Verstärkt werden diese Zweifel durch die intensive Werbung, die uns überall anzuschreien scheint, dass wir noch nicht genug sind. In dieser Podcastfolge möchten wir dir deshalb nicht auch noch ein schlechtes Gewissen machen, sondern im Gegenteil, dazu aufrufen, dich so anzunehmen wie du bist. Dennoch gibt es gewisse gesundheitliche Aspekte, die es sinnvoll machen können, sich ausgewogen und gesund zu ernähren und sich mit dem eigenen Essverhalten auseinander zu setzen. Nur wenn eine langfristige Änderung der Ernährung und Lebensgewohnheiten herbeigeführt wird, die sich gut in deinen Alltag integriert, wirst du deinen neuen Lebensstil beibehalten. Und genau das sollte das Ziel sein. Schluss mit unseriösen Diätversprechen, nach denen man von Heißhunger geplagt wird. Damit das ohne Verzicht und Jo-Jo-Effekt geschehen kann, spreche ich heute mit der Expertin Frau Zachmann vom Therapienetz Essstörungen in München, kurz tness. Herzlich Willkommen Frau Zachmann.
B: Hallo Frau Brühl, hallo an alle, die sich diesem Podcast widmen.
I: Unser Ziel in dieser Folge ist ja nicht, dass wir einen Schlankheitswahn unterstützen möchten, sondern allgemeine Tipps geben, um einen gesunden und ausgewogenen Ernährungs- und Bewegungsstil zu haben. Warum kann es denn manchmal medizinisch trotzdem sinnvoll sein, zunächst einmal abzunehmen?
B: Also ich denke mir, klar, wenn wir jetzt vom reinen Übergewicht ausgehen, das jetzt, egal in welcher Form, entstanden ist: Ich hinterfrage gerne nochmal dieses Thema, warum bin ich überhaupt dick geworden? Aber nehmen wir jetzt wirklich mal den Fakt, ich bin zu dick oder warum ist das Gewicht so wichtig. Es gibt Folgeerkrankungen, die wir natürlich im Blick haben sollten. Sei es, der Klassiker, Herzinfarkt, zu hohes Cholesterin, Bluthochdruck. Diese ganze Batterie führt dann auch dazu, dass wir gesundheitlich eventuell eingeschränkt sind. Unter anderem natürlich auch die Bewegung. Je schwerfälliger ich bin und je mehr Gewicht ich mit mir rumtragen muss, um so unbeweglicher werde ich. Und alles kann ja auch wirklich zu Risikofaktoren führen, die auch unser Leben und Überleben beeinträchtigen können.
I: Kennen Sie den Begriff des Viszeralfettes? Das sogenannte innere Bauchfett, also das ist ja das Bauchfett, vor dem immer gewarnt wird, das es so gefährlich ist. Können Sie uns dazu was sagen?
B: Aber sicher. Genau. Das Viszeralfett, Sie haben es schon gesagt, ist ja auch das Bauchfett. Viele kennen es auch unter dem Klassiker, wenn man vom Apfeltyp oder dem Birnentyp spricht. Apfeltyp findet man eher beim Mann, Birnentyp eher bei der Frau. Der Ursprung ist, wenn wir jetzt ein bisschen überlegen, gehen wir in der Evolution ein bisschen zurück, das hatte ja damit begonnen, dass es zum Überleben notwendig war. Also es auch als Reserve her zu nehmen für schwierige und schlechte Zeiten, für kalte Zeiten. Da geht es dann wirklich an mein Fett dran, wichtig zum Überleben. Man kann ganz klar sagen, wir leben im Schlaraffenland. Wir haben jetzt nicht mehr das Problem, dass wir überleben müssen. Das ist unser Luxus. Von daher ist das Viszeralfett nicht so gewünscht und gedacht wie früher. Der einzige Punkt, den ich beim Viszeralfett, ob gesund oder ungesund, noch dazunehmen möchte-, klar streiten sich die Gemüter, dass es nicht gut für unseren Körper ist. Und doch sehe ich ja aufgrund meiner Arbeit mit hoch anorektischen Menschen, dass dieses Viszeralfett auch dazu dient, unsere Organe zu schützen. Also es ist ja so, dass auch Nieren, Leber und Pankreas in Fett eingebettet sind. Und unsere Organe schützt vor Erschütterungen, Schlägen, auch vor Kälte und Hitze. Und da ist es natürlich schon so, wenn ich mir denke, wenn jemand überhaupt kein Fett mehr an sich hat, ist das auch gesundheitsgefährdend. Aber wir reden hier wirklich auch von der Anorexie.
I: Ich finde es auf jeden Fall sehr gut, dass wir Sie als Interviewpartnerin haben. Weil es uns ja eben nicht darum geht, dass es hier eine ganz klassische Abnehmfolge wird oder so. Sondern wir wollen zeigen, dass eigentlich jeder Körpertyp gut ist, und dass es aber manchmal Fälle gibt, in denen einem der Arzt gesagt hat: „Ich empfehle Ihnen konkret, dass Sie abnehmen, weil Sie zum Beispiel zu viel Viszeralfett haben.“ Und nur an diese Menschen richten wir uns jetzt mit diesen Tipps. Also es geht uns wirklich nicht darum, Menschen weiter in den Schlankheitswahn zu treiben. Deshalb die Frage, wenn ich zum Beispiel einer dieser Menschen bin, wo mir mein Arzt gesagt hat, ich sollte mein Gewicht besser im Blick behalten, es sind schon Folgen erkennbar. Was kann ich denn dann tun, um abzunehmen oder mein Fett ein wenig zu dezimieren?
B: Also ich denke, wichtig ist schon mal die Selbstbeobachtung. Angefangen bei dem, was esse ich. Nein, nehmen wir eher den Ursprung, warum bin ich in diese Situation gekommen? Ich habe es vorhin schonmal ganz kurz angesprochen. Zu hinterfragen, habe ich ein ungesundes Essverhalten, bin ich der Typ, der ständig nascht, esse ich das Falsche, wo ist meine Ausgewogenheit? Dass ich mich da erst einmal erforsche und sage: „Wo kann ich da denn ansetzen, dass ich sage, ich esse gesünder, ich esse bewusster. Ich esse bessere Fette.“ Dass ich in diese Richtung erstmal reinschaue. Und wenn ich da in diesem Modus drin bin mit einer Struktur, mit einer Ausgewogenheit, dann ist eigentlich schon gegeben, dass sich ein Teil schon mal wieder normalisieren kann. Das heißt, dass unser Körper sich mit dem Neuen adaptiert, den Stoffwechsel anders ankurbeln kann. Und somit in das Gesunde reinkomme, eben ohne große oder krasse Diäten, die nur dazu führen, fünf Kilo runter, zehn Kilo rauf, mit diesem Modus dann weitergeht. Sondern es geht ja darum, dass ich mit einem gesunden Essverhalten ohne Verbote und Einschränkungen eben zu meinem Ideal, in Anführungszeichen, finde, also auch meinen Setpoint finde, ja, was mein Körper mir vorgibt oder vorgeben will.
I: Das klingt sehr einleuchtend. Bei dieser Ernährung, haben Sie da konkrete Tipps, wo Sie sagen-, kann man pauschal sagen, es gibt gute und schlechte Lebensmittel? Oder halten Sie nichts davon?
B: Ich arbeite ja eigentlich, seitdem ich im Essstörungsbereich bin, auch wirklich mit diesem klassischen Antidiätkonzept. Ich sage auch ganz klar, wenn ich untergewichtige, normalgewichtige oder übergewichtige Leute begleite, es ist alles erlaubt. Und ich finde, es ist auch alles wichtig, dass es in unserem Leben mit dazu gehört. Also das Eis um die Ecke, auch mal der Burger, auch mal zum Essen zu gehen, auch mal die Chips am Abend. Also es gehört alles mit rein. Sie müssen nur schauen, dass das Gesunde nicht auf der Strecke bleibt. Aufgrund von dem, dass wir alles schnell bekommen, geht auch oftmals unser: „Wo ist meine Portion Gemüse?“ Oder: „Kann ich nicht statt dem Riegel doch mal mir ein Smoothie machen oder holen?“ unter. Also diese ganzen Komponenten sollten natürlich auf dem Teller sein. In natürlich, dass es richtig war. Also dass ich mir was erlaube, so nenne ich es immer ganz gerne, was oft als Verbot bezeichnet wird, aber dass ich auch sonst schaue, dass mein Teller sehr, ich sage gerne, bunt bestückt ist. Also jetzt nicht bunt in Form von: „Wir haben Kinderriegel in der Farbe und den anderen Riegel in der Farbe.“ Sondern dass wirklich alles mit dabei ist. Und ich hatte gerade dieses Thema oder auch das Wort angesprochen, Verbot. Das ist mir auch ganz, ganz wichtig. Und das ist oft auch dieses Thema in diesen Diäten. Diese Verbote nicht aufkommen zu lassen oder diese Verbote wieder abzubauen. Weil, alles, was verboten ist, macht interessant. Und das ist ja nicht nur auf das Essen bezogen, sondern es ist auf vieles bezogen oder eigentlich auf alles. Wenn ich jetzt sage: „Ich darf mich nicht mehr bewegen.“ Dann komme ich vielleicht auf den Wunsch, mich bewegen zu dürfen oder zu müssen. Deswegen meine ich, dass es wirklich ganz wichtig ist, diesen Gedanken aus dem Kopf zu bringen. Sondern mehr dieses „Ich darf“ mir auch etwas erlauben ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich weiß, ich gleiche es ja auch wieder aus.
I: Auf jeden Fall. Also ich kann das absolut unterschreiben aus persönlichen Erfahrungen. Gerade das mit den Verboten. Ich nehme immer gerne das Beispiel, dass ich jeden Tag eine Handvoll Chips esse. Und eine Zeitlang habe ich probiert, mir das abzutrainieren. Weil ich dachte: „Das kann ja nicht gesund sein, jeden Tag Chips.“ Und dieses Verbot hat aber so eine Sehnsucht nach meinen geliebten Chips hergestellt, dass ich richtige Fressflashs hatte. Und dann gab es auch mal eine Tüte. Und eigentlich ist es ja schön, dass ich so sehr beherrscht essen kann. Es sind dann manchmal wirklich nur vier, fünf Chips am Abend, also mehr ist es eigentlich nicht. Aber auf die freue ich mich, die genieße ich. Und ich bin ganz sicher, dass, weil ich ja insgesamt einen ausgewogenen Ernährungsstil habe, dass diese fünf Chips überhaupt nicht schlimm für mich sind. Im Gegenteil. Ich weiß, ich bekomme die am Abend und ich muss da keine Hirnkapazität reinstecken. In der Zeit, wo ich mir das verboten habe, kreisten die Gedanken den ganzen Tag um diese Chips. Das war ganz verrückt.
B: Das ist aber ein ganz normaler Mechanismus. Sehr interessant, dass Sie das jetzt auch so formulieren.
I: Und auch mit dem Sport ist es ja auch so. Wenn man erstmal einen Sport findet, der sehr angenehm ist und nicht mit einer Pflicht verbindet. Ich glaube, manche kommen einfach auch noch so aus dem Schulsport und sehen das als Qual an. So ging es mir ganz lange. Aber wenn man erstmal das findet, was einem wirklich gefällt, dann macht man das ja auch gerne.
B: Richtig. Und es soll kein Zwang sein. Es soll Spaß machen. Wir sind dazu geboren, uns zu bewegen. Es gibt aber auch Menschen, die einen größeren Bewegungsdrang und -wunsch haben und es gibt welche, die nicht so sind. Und ich denke, da wird sich was finden, was macht mir Spaß. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt dabei.
I: Genau. Weil nur so kann man die langfristige Motivation aufrechterhalten. Und genau das ist ja unser Ziel. Letztlich ist es die Frage, wir wollen ja eben Jo-Jo-Effekte vermeiden. Ist es dann sinnvoll, dass ich meine Anstrengungen von Anfang so ein bisschen einteile und sage: „Das ist jetzt nun mal ein Prozess, der eine Weile dauert.“ Oder macht es irgendwie trotzdem Sinn, dass man am Anfang sich einmal stärker einschränkt oder mehr Sport macht oder so, damit man erstmal bei so einem gewissen Zielpunkt ist und den auch halten muss? Haben Sie da Erfahrungswerte?
B: Also ich persönlich bin da eher der Typ, sich langsam ranzutasten. Weil jedes Extrem, das wir ja wieder kennen-. Also Sie haben ja eben von Ihrem Verbot gesprochen, ist es ja auch immer mit diesem Extrem: „Ich muss jetzt ganz viel machen.“ Und dann geht das Interesse flöten, sage ich jetzt mal. Ich bin mehr der Freund davon, sich hinzutasten, ein bisschen auszuprobieren. Bin ich eher der Mensch, der das braucht oder das? Und sei es jetzt hier im Bewegungsbereich, aber auch im Ernährungsbereich, wenn man wirklich da sich langsam hin tastet, um eben nicht wieder schnell aus diesem Muster rauszufallen, weil es nicht mehr in unseren Alltag reinpasst. Klar kann es jetzt mal sein, ich habe Urlaub, ich habe Zeit, ich mache jetzt jeden Tag irgendwas. Es ist aber etwas anderes, als zu sagen: „Wie bringe ich die Bewegung und auch meinen Sport und mein Interesse auch wirklich in meinen Alltag mit rein?“ Und da reichen aus meiner Sicht wirklich zwei Einheiten, wo ich mal sage: „Da mache ich was Intensiveres.“ Und das Intensivere kann ja schon sein, dass ich einfach mal zwei Stunden mit dem Fahrrad unterwegs bin. Die Natur genieße, wieder endlich mal frische Luft schnappe, was wir ja in unserem ganzen Alltag oft weniger haben. Kommt drauf an, welchen Beruf ich habe. Aber viele sitzen ja im Büro oder sind im Lager irgendwo tätig und haben gar nicht diese Möglichkeit. Das ist doch schon mal ein Anfang. Und wenn ich dann noch was finde, was mich nochmal mehr fordert, was nochmal mehr mit reinkommen kann als intensiverer Sport-. Immer wieder auch mal in mein Leben einzubauen, und dann kommt immer mehr, aus eigener Erfahrung, auch das Interesse überhaupt. Da komme ich gut an, das fühlt sich gut an, das tut meinem Körper gut. Und dann ist auch dieser Flow aus meiner Sicht da. Aber da spreche ich rein auch wirklich aus meinem eigenen Interesse, so wie Sie vorhin von Ihrem Thema gesprochen haben. Sich langsam dreinzufinden und den Sport auch zu finden, der mir Spaß macht.
I: Das sollte das Ziel. Wir wissen jetzt also schon mal, dass es wichtig ist, dass wir uns eher langsam ran tasten, dass wir einen Weg finden, den wir mit in unseren Alltag nehmen können und der dann nicht nur eine kurze Gewohnheit ist. Das ist schonmal eine super Grundlage. Und jetzt habe ich noch ein paar Fragen, die so typische Fragen sind, die rund um dieses Thema teilweise auch als Mythos auftauchen. Da geht es zum Beispiel darum, ob es eine Rolle spielt, wann ich esse.
B: Da sage ich jetzt mal ganz klar, nein, es ist nicht wichtig, dass ich mich an irgendwelche Zeiten halten muss. Da sind wir schon beim ersten, das Thema muss. Diesen Klassiker, Sie haben vom Mythos gesprochen, ich meine, wir kennen ihn doch alle, ab 18 Uhr nichts mehr zu essen. Das schränkt ja schonmal ein. Also mir ist es wichtiger, zu sagen, ich esse nach Struktur. Das ist das eine, also regelmäßig. Dass ich mir auch mein Frühstück gönne, was bei vielen schon untergegangen ist oder einfach nur noch nebenbei stattfindet, also auf dem Weg zur Arbeit oder neben dem Computer. Dass ich mir Zeit nehme zum Mittagessen oder mir Zeit nehme zum Abendessen. Und da ist es für mich wichtig, nicht die Einschränkung nach hinten zu haben. Ich nehme da gerne das klassische Beispiel unserer Südländer. Ich sage mal so, die wirklich erst zum Abendessen erst um halb neun, neun, gehen und dann sich aber noch eine Portion Nudeln, ein Osso Buco und meinetwegen auch noch einen Nachtisch gönnen. Ich will jetzt nicht sagen, dass alle Spanier und Italiener übergewichtig rumlaufen, sondern einfach ihren Stil gefunden haben. Ich bitte, es ist jetzt keine Vorgabe, aber ich finde es ganz wichtig, darauf zu achten, und da sind wir bei einem wichtigen Punkt, was mein Körper spricht, nicht was mein Kopf sagt oder irgendwelche Weisheiten. Sondern was spricht mein Bauch? Habe ich jetzt Hunger oder habe ich erst in einer Stunde Hunger? Wie fühlt es sich an? Also muss ich ihm jetzt unbedingt sagen: „Du musst um 18 Uhr gegessen haben, weil danach kriegst du nichts mehr.“? Dann esse ich auch gar nicht mit Genuss. Dann habe ich doch gar keinen Spaß dabei. Als wenn ich sagen kann, jetzt habe ich Zeit gehabt, vielleicht bin ich auch nach Hause gelaufen, ich habe gemütlich eingekauft, ich habe überlegt, was es heute Leckeres zu essen gibt. Dann wird es halt acht Uhr. Aber ich esse mit Genuss und mit Spaß und ich kann mich drauf einlassen. Und zeige meinem Körper über dieses Gefühl auch das Gefühl der Sättigung wieder und das Gute am Essen und nicht immer das Schlechte, was oft ja in den Köpfen ist: „Oh, ich könnte ja zunehmen.“
I: Ja, das ist doch schonmal gut, dass wir das widerlegt haben. Wie sieht es denn damit aus, wenn ich ein Sportmuffel bin? Und man hört jetzt immer, Bewegung gehört einfach dazu. Kann man da die Sportmuffel beruhigen oder sollten auch die eher probieren, ihren Sport zu finden?
B: Ich sage da mal, ja und nein. Wichtig für die Sportmuffel, die das vielleicht jetzt hören, auch zu sagen: „Ich muss mich jetzt nicht irgendwohin quälen.“ Aber ich habe vorhin auch mal gesagt, wir sind dazu geboren, uns zu bewegen. Die Jäger mussten ja erst einmal das Wild jagen, damit sie was zum essen hatten. Sie mussten erst einmal die Beeren sammeln, damit sie was zu essen haben. Das haben wir alles nicht mehr. Aber der Ursprung liegt trotzdem darin, uns etwas zu bewegen. Und ich finde, das fängt bei kleinen Dingen an. Klar, viele wollen das gar nicht mehr so wirklich hören. Aber die Treppe zu nehmen statt des Liftes oder die Rolltreppe. Oder halt eine Station mal zu Fuß zu laufen, um mich erstmal vom Bürostuhl in die Bewegung zu bringen. Ich muss es ja nicht extrem betreiben. Aber das wären schonmal die kleinen Punkte, wo ich sagen würde, sie unterstützen unseren Körper im Wohlbefinden. Auch wenn der Anfang erstmal schwierig ist, aber auch da wird man merken: „Es tut mir gut.“ Und es wird immer mehr etabliert werden. Und dann kann man mal schauen, vielleicht finde ich doch einen Sport. Es muss ja nicht das Fitnessstudio sein, wenn ich kein Gerätemensch bin. Vielleicht lerne ich die Natur anders kennen. Vielleicht kaufe ich mir doch mal ein Paddelboard und paddele ein bisschen auf dem See rum und lege mich dann wieder aufs Board. Einfach mal zu testen, was bin ich denn für ein Typ und mache es in einem gesunden Maß und in einem gesunden Wohlbefinden.
I: Ja, total. Das kann ich eben aus persönlicher Erfahrung nur unterstützen. Es gibt so viele Sportarten, die natürlich noch gar nicht auf dem Schirm hat, die so viel Spaß machen können. Das Paddleboard haben Sie eben schon angesprochen. Es gibt ja auch ganz tolle neue Entwicklungen. Das gab es ja vor vielen Jahren noch gar nicht. Von daher, ich glaube, wenn man einfach offen ist und immer wieder neue Dinge testet, dann kann man auch sehr positiv überrascht werden. Dass einem dann doch plötzlich etwas Spaß macht.
B: Ja. Und dass es nicht abhängig ist vom Gewicht, das möchte ich auch noch dazu sagen. Das finde ich auch noch ganz, ganz wichtig. Ich weiß jetzt auch noch ein Beispiel aus meinem Hobbybereich. Das Klettern zum Beispiel. Viele meinen immer, die Kletterer, das müssen schlanke, zähe, durchtrainierte Menschen sein. Nein, wie oft sehe ich in der Kletterhalle auch jemanden, absolut normalgewichtig, vielleicht auch im oberen Bereich. Und das finde ich auch wichtig, den Mut überhaupt dazu zu haben.
I: Ich folge auf Instagram auch ein paar SportlerInnen, die alle eher auch im normalen bis übergewichtigen Bereich vielleicht sind, die sich ganz bewusst auch an diese Zielgruppe wenden mit Sportangeboten. Und das finde ich auch immer wieder erstaunlich, die sind so viel fitter als ich, also danach kann man wirklich gar nicht gehen.
B: Stimmt. Eben. Vor allem, weil dann wahrscheinlich Energie geboten ist. Wenn ich es falsch mache, und da sind wir wieder bei der Ausgewogenheit. Wenn ich in ein Extrem gehe, habe ich irgendwann eine Unterversorgung, die mich dann vielleicht eher schwächt als es gut für mich ist.
I: Richtig. Genau. Würden Sie denn eher Ausdauer oder Muskeltraining empfehlen oder vielleicht eine Kombi aus beidem?
B: Eigentlich eine Kombi aus beidem. Ich bin ja vorhin ziemlich lange auf das Thema Bewegung eingegangen. Klar, wenn wir jetzt davon ausgehen, ist der Kraftsport, der Muskelsport, der effektivere. Weil ich dann auch sage, Muskeln verbrennen einfach auch mehr Energie. Es fällt dem Körper dann leichter, daran zu arbeiten. Ich sage mal so, ich bin kein Freund davon, ständig nur von morgens bis abends aufs Laufband zu gehen. Ein gesundes Maß. Wenn ich sage, ich bin kein Ausdauersportler, ich habe es zehn Mal versucht mit dem Joggen, ich kann es einfach nicht, es ist nicht mein Ding, dann gehört das auch nicht zu mir. Dann kann ich sagen, wie wir schon gesagt hatten, dann bewege ich mich in einer anderen Form. Dann gehe ich zwei-, dreimal und mache meinen Kraftsport. Dass ich eine gute, ausgewogene Belastung habe.
I: Ja. Das kann ich mir vorstellen. Auch wieder das finden, was zu einem passt. Und am Ende ist eine Kombination gut. Ich meine, die Ausdauer, die man eben vom Ausdauersport bekommt, die ist sicherlich angenehm, wenn man mal zur Bahn sprinten muss. Der höhere Grundumsatz, den Muskeltraining in einem hervorruft, der ist vielleicht auch praktisch. Am Ende, glaube ich, profitieren wir ja von beidem. Auch einfach biologisch gesehen, wir brauchen ja gewisse Muskeln, um durch den Alltag zu kommen oder mal eine schwere Einkaufstüte zu tragen, ohne gleich Rückenschmerzen zu kriegen. Und wollen aber auch ein bisschen langatmiger sein, wenn wir wohin sprinten. Von daher ist es wohl in unserem eigenen Interesse, das ausgewogen zu halten.
B: Genau. Definitiv. Da bin ich voll bei Ihnen. Das Maß eben zu finden und den Spaßfaktor dabei wirklich zu haben.
I: Richtig. Wie ist es denn, wenn wir Sport ganz bewusst nicht als etwas nur zum Abnehmen betrachten, sondern als etwas, was unserem Körper guttun soll. Wie ernähre ich mich denn rund um den Sport, damit der Effekt für meinen Körper möglichst gut ist? Sollte ich davor oder danach etwas essen, und wenn ja, was? Was haben Sie da so für Empfehlungen?
B: Ich schließe mich da wieder so ein bisschen meinem Konzept an, dass ich sage, Hauptsache, ausgewogen. Solange wir jetzt keine Extremsportler werden, wo ich sagen müsste, ich brauche mehr Eiweiß oder ich werde eben der Mega-Ausdauersportler, von dem wir ja gerade gesprochen haben, darum geht es ja nicht, wo ich mehr Kohlenhydrate bräuchte. Ich behaupte, es ist gut, ein gutes Maß zu finden. Und das alles mit drin ist, wenn ich weiß, ich bin unterwegs. Oder es ist eine anstrengende Bergwanderung, dass ich wirklich auch mal einen Müsliriegel eingepackt habe oder mal eine Banane zwischendurch esse. Oder dass ich nicht hungrig in den Sport gehe, sondern meinem Körper signalisiere, du kriegst ein bisschen Energie, weil du wirst ja jetzt auch Energie verbrauchen. Dass ich da wirklich das gesunde Maß finde. Dass wir jetzt nicht unbedingt eine Schweinshaxe mit Knödeln eine halbe Stunde vorher essen sollten, versteht sich vielleicht von selber. Aber da wirklich zu schauen, gesund zu frühstücken, eine Kleinigkeit davor und auch eine Kleinigkeit danach. Und da möchte ich jetzt einfach nochmal einen wichtigen Punkt ansprechen, den ich noch gar nicht so reingenommen hatte, das Thema Heißhunger zu vermeiden. Sie hatten es ja vorhin mal kurz angesprochen, das Thema mit den Chips, wobei es ja mehr um das Thema Verbote gegangen ist. Aber auch, wenn ich meinen Körper unterversorge und ihn überbelaste, dann verlangt er ja auch wieder etwas zurück. Und da können wir, müssen nicht, auch große Gefahr laufen, dass wir wirklich in eine Unterzuckerung reinrutschen, also auch in einen Heißhunger reinrutschen. Den nehmen wir vielleicht gar nicht so bewusst wahr, aber die sich unterschwellig aufbauen können. Und dann ist es natürlich eher so, dann wird zu viel gegessen, es wird das Falsche gegessen und es wird über Maß gegessen. Und das ist ja das, was wir vermeiden wollen. Und wenn ich jetzt sage: „Okay, mein lieber Körper, ich versorge immer wieder ganz gut.“ Dann wird das auch nicht auftreten. Und dann komme ich mit meinem ausgewogenen und guten Essverhalten eigentlich in ein gutes Maß rein.
I: Ich würde gerne so ein bisschen vom Einkaufen. Das ist natürlich nicht ganz vergleichbar. Aber wenn man mal so richtig heißhungrig einkaufen war, dann kauft man ja auch ganz andere Dinge als sonst. Also es ist wesentlich unausgewogener, was dann im Einkaufskorb landet.
B: Genau. Dieses hungrig einkaufen gehen, das ist ja auch so der Klassiker. Da empfiehlt sich dann doch, vorher was gegessen zu haben oder gut sortiert hinzugehen und ich habe eine Einkaufsliste und beobachte meinen Einkaufswagen, wie er sich füllt. Das sind auch so Tipps, die ich meinen Klienten gerne mitgebe. „Schaue noch mal rein, wie sieht er denn aus, was für die nächsten Tage wirklich drin sein muss oder wirklich drin ist.“
I: Wir sind auch schon fast am Ende des Interviews. Dazu passt auch die Frage, wenn ich das vielleicht schon eine Weile mache, und ich habe am Anfang Erfolge gesehen, ich habe mich fitter gefühlt, einfach gesünder. Aber irgendwann tritt so eine Stagnation ein, also ich sehe keinen weiteren Fortschritt. Was kann der Grund sein?
B: Also ich denke, der Grund ist wirklich der, dass sich natürlich der Körper mit dem neuen System, mit den neuen Vorgaben, etabliert hat. Und das kennen wir ja gerade aus dem, auch ich, aus dem Übergewichtsbereich, dass es mal stagniert, weil der Körper anders funktioniert. Es ist ein normaler Mechanismus, der dann wieder in Fahrt kommt, wenn ich mit dem Konzept weitermache. Also es wirklich wichtig, dass ich mich nicht unterkriegen lasse und in alte Muster verfalle, sondern dran zu bleiben und nicht aufzugeben. Ich hatte vorhin auch diese Theorie mal angesprochen, das ist auch wirklich das, was unser Körper uns vorgibt. Nicht die Zahl oder Social Media oder die Konfektionsgröße, die für mein Alter sein muss, sondern das, wo mein Körper mich hinführen wird und hinführen will. Was für manch eine oder einen auch sehr schwierig auszuhalten ist, wenn ich mich im oberen BMI-Bereich befinde. Und das ist aber auch dann das Gewicht, mit dem ich mich am besten auseinander setze, wenn ich denn auch ein gutes Essverhalten und auch ein gutes Bewegungsverhalten an den Tag lege. Also ich behaupte wirklich, bitte dran bleiben an dem Ganzen und erkennen, wenn ich wieder in alte Muster verfalle und warum ich in alte Muster verfalle. Dass ich wirklich an meinem Ziel immer dran bleibe und diesem Ziel immer näher komme. Auch das ist wirklich wichtig, meine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.
I: Sie sprachen davon, wenn man in die alten Muster kommt, was häufig passiert, wenn man gerade in einer stressigen Phase ist oder Kummer hat. Was kann ich tun, um auch in diesen sehr belastenden Phasen meine gute Gewohnheit beizubehalten?
B: Also ich denke, es ist ganz wichtig zu sagen, ich arbeite viel mit Fokussierung und auch Beobachtung. Und auch, viele nervt es vielleicht auch, ein Tagebuch zu führen über die Schritte, die ich machen will, aber auch ganz wichtig im Tagebuch, was habe ich schon erreicht. Und da dann auch in diesen vielleicht negativeren Zeiten rein zu blicken und zu sagen: „Wow, was ich schon alles geleistet habe. Will ich das alles wieder aufgeben?“ Also sehr viel mit Selbstbeobachtung, was sehr anstrengend für uns Menschen ist, aber das ist effektiv. Und auch da zu sagen: „Was gibt es für mich für Mittel, die mich aus dieser Situation rausholen können?“ Also habe ich vielleicht einen guten Bekanntenkreis, der involviert ist. Der mich vielleicht mal einlädt, etwas zu unternehmen. Der sagt: „Komm. Machen wir wieder mal was gemeinsam.“ Oder auch, ich finde es immer ganz schön, was es für tolle Sprüche als Postkarten gibt. Solche an meine Schranktür oder meine Zimmertür zu hängen oder wo auch immer, was mich in dem Moment immer wieder motivieren soll und auch erinnern soll, woran ich gerne arbeite. Oder, was ich mir gerne mitgebe, ist ein Anhänger, ein Talisman, ein Ring, ein Armkettchen, was für mich ein Symbol ist, meine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Für andere mag das ein Anhänger sein, aber für mich ist es eine ganz andere Vorgabe, die dahintersteckt. Und da wirklich zu beobachten, Muster zu beobachten und bei mir zu bleiben.
I: Das sind total gute Tipps. Das mit der Karte ist zum Beispiel eine schöne Idee, das habe ich so noch nicht gehört, aber es macht total Sinn. Also vielen Dank schonmal dafür. Gibt es irgendwas, wo Sie sagen, das möchten Sie noch ergänzend loswerden?
B: Ich denke, ganz wichtig ist noch dieser Punkt, das Thema zusammengefasst zu sehen. Wo befinde ich mich und was beeinflusst mich? Und wo fühle ich mich aber trotzdem wohl und wie kann ich mich akzeptieren? Also mir liegt es sehr, sehr am Herzen, wirklich, also ich will jetzt nicht gegen Social Media reden, aber das Wichtige daraus zu ziehen. Ich meine, wir sind ja jetzt auch auf einem Social Media-Kanal so gesehen. Aber irgendwo zu sehen, fühlt euch alle wohl wie ihr seid, und schaut, was wird beeinflusst und will sich auch von außen beeinflussen lassen.
I: Das haben Sie nochmal sehr schön gesagt. Das ist ja auch das, wofür Sie hier im Podcast immer stehen, dass die Selbstannahme das wichtigste Gut ist. Ich danke Ihnen total für Ihren Input und wünsche Ihnen alles Gute.
Und zum Schluss noch ein Hinweis für Versicherte der Audi BKK. Um euch bei einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend Bewegung zu unterstützen, gibt es tolle digitale Angebote der Audi BKK. So könnt ihr zum Beispiel über Oviva eure Ernährung anpassen oder mit MotivAktiv, begleitet von SportwissenschaftlerInnen, eure Bewegung verbessern. Klingt super? Dann schaut mal in die Shownotes. Und damit ist auch diese Folge an ihrem Ende angelangt. Wir verabschieden uns damit jetzt in eine kleine Sommerpause. Im Juli und August wird es keine neuen Folgen geben. Aber ich bin sicher, wenn ihr Lust habt, dann findet ihr in den alten Folgen noch etwas, was euch interessiert. Beim zweiten Hinhören hört man ja bekanntlich immer etwas Neues. Wir wünschen euch einen wunderschönen Sommer. Und wenn dir dieser Podcast gefällt oder du andere Anmerkungen für uns hast, dann hinterlasse doch gerne eine Bewertung auf einem Player deiner Wahl. Alles Gute und bleibt gesund.