Schönheitsideale in den Medien

I: Hallo und herzlich willkommen zu: Von Achtsam bis Zuckerfrei, dem Gesundheits-Podcast der Audi BKK. Dieser widmet sich in jeder Staffel ganz ausgiebig einem Thema. Hier: Selbstliebe.

I: Willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, zur fünften und letzten Folge unseres Podcasts in der Staffel über Selbstliebe. In dieser Folge geht es darum, wie Medien sich auf unser Selbstbild auswirken können. Dazu führe ich zwei Interviews mit zwei ganz wundervollen Frauen und wir beginnen mit Melodie Michelberger.

B1: Hallo, ich bin Melodie und ich arbeite schon relativ lange in der Mode- und Medienbranche. Ich habe lange als Moderedakteurin und Stylistin gearbeitet. Mittlerweile bin ich Autorin und schreibe aber auch für Magazine und Zeitschriften.

I: Wie kam es denn bei Dir dazu, dass Du Dich mit dem Thema Bodyshaming auseinandersetzt? Oder sollte ich lieber einen anderen Begriff dafür verwenden?

B1: Nein, das Wort Bodyshaming trifft es gut. Ich wurde seit der Kindergartenzeit wegen meiner Figur gehänselt, ausgelacht und habe blöde Kommentare ertragen. Also begleitet mich das Thema Bodyshaming wirklich schon mein ganzes Leben, sogar bis heute. Und da ich jetzt mehr in sozialen Netzwerken, vor allem bei Instagram, aktiv bin, bin ich Bodyshaming da auch wirklich täglich ausgesetzt. Dieses Thema war immer da, es ist mir nie von der Seite gewichen und es hat mich mein ganzes Leben lang begleitet. Heute versuche ich mich mit allem, was ich daraus gelernt habe, also warum Leute überhaupt andere Leute aufgrund ihrer Figur hänseln oder beschimpfen, stark zu machen und über das Thema zu schreiben und aufzuklären. Viele Menschen, die Bodyshaming ausgesetzt sind, haben das Gefühl, dass sie etwas falsch gemacht haben. Dass es eigentlich an ihnen liegt, dass sie so oder so aussehen. Dass sie falsch sind und dass es schon berechtigt ist, wegen der Figur, des Körpers oder des Aussehens gehänselt zu werden. Das wurde mir sehr oft gesagt. Viele haben dann das Gefühl, sich zurückzuziehen und vielleicht ihren Körper zu verstecken. Dass sie bestimmte Sachen nicht mehr machen, wie zum Beispiel nicht mehr zum Sport gehen, weil sie da gehänselt wurden. Oder nicht mehr mit anderen Menschen Mittagessen gehen, weil sie da ausgegrenzt wurden. Bei mir hatte das tatsächlich den gegenteiligen Effekt. Dadurch, dass ich so viele Jahre meines Lebens Bodyshaming ausgesetzt war, ist bei mir eine Stärke entfacht worden. Ich bin jetzt eher kämpferisch und will möglichst vielen Leuten, die Bodyshaming ausgesetzt sind, das Gefühl zurückgeben, dass sie überhaupt nichts falsch gemacht haben. Dass es eben auch Wege gibt, sich dagegen zu wehren und dass es auch keine Lappalie ist, sondern etwas, was Menschen auch ernsthaft krank macht. Es grenzt Menschen aus und kann auch Depressionen auslösen. Das ist jetzt mein neuer Weg, mich mit Bodyshaming zu beschäftigen. Also mehr aus der Sicht, sich vor Menschen zu stellen und zu sagen: “Hey, hört auf andere Menschen zu bewerten, zu diskriminieren und blöd anzumachen.”

I: Das kann ich mir total gut vorstellen, denn bei mir ist es ganz genauso. Ich bin auch jemand, der sich vielleicht früher mal phasenweise versteckt hat, aber jetzt eine Entschlossenheit daraus gewinnt. Ich will anderen helfen, damit sie sich nicht so fühlen, wie ich mich lange Zeit gefühlt habe, weil sie überhaupt nichts dafür können und nichts falsch gemacht haben. Das geschieht so schnell, denn die Medien erschaffen einfach ein Bild von bestimmten Gruppen. Zum Beispiel wird schlanken Menschen immer mehr Disziplin zugesprochen und schwerere Menschen müssen sich mit Vorurteilen umgeben, dass sie zum Beispiel faul sind. Es gibt gegen unterschiedliche Menschengruppen irgendwelche Vorurteile. Was kann man denn dagegen tun, dass Medien Stereotype aufbauen und falsches Schubladendenken bestärken?

B1: Also für uns als Mediennutzende ist es natürlich sehr schwer, da etwas zu ändern. Man kann nur immer wieder an die Medien, Zeitschriften, Magazine, Fernsehsender oder auch Filmschaffende appellieren, eine diverse Abbildung unserer Gesellschaft zu zeigen und nicht immer nur einen ganz bestimmten Körpertyp zu protegieren. Mir fällt das mittlerweile extrem auf, weil ich mich so viel mit der Darstellung von Menschen in den Medien, vor Allem von Frauen in den Medien, beschäftigt habe. Bei Frauen ist das Schönheitsideal noch viel, viel schmaler. In den Medien wie Fernsehsendungen, Online-Zeitschriften, aber auch Katalogen und allem, was wir bildlich sehen, sehen wir nur einen ganz bestimmten Körpertyp. Wir sehen im Grunde genommen die Wiederholung der Wiederholung der Wiederholung des Schönheitsideals. Es gibt keine dicke Fernsehmoderatorin. Es gibt kaum eine dicke Schauspielerin in einer Hauptrolle, die einfach so vor sich hin existiert, ihrem Leben nachgeht und genau das Gleiche erlebt, wie eine dünne Schauspielerin oder eine dünne weibliche Hauptrolle erleben würde. Das ist problematisch. Dadurch, dass wir überall in der Werbung, in Magazinen, in Fernsehsendungen oder Serien immer nur schlanke Menschen sehen, entsteht eben diese Wertung. Dieses erstrebenswerte Ideal schwebt über uns allen und nistet sich auch in unsere Köpfe ein. Wir sagen geläufig Worte wie: „schön schlank“. Wir sagen, jemand ist schön und schlank. Das gehört irgendwie zusammen. Aber wir würden, zum Beispiel, niemals sagen: “Sie ist schön dick.” Dass man diese Wörter miteinander verbindet, gibt es überhaupt nicht. Und da fängt es eben schon an: Menschen, die nicht dem Schönheitsideal entsprechen, die eben dicker oder fett sind und andere äußere Merkmale als das Schönheitsideal haben, die sind unsichtbar durch die Medien. Wir können das natürlich ändern, wenn wir die von uns konsumierten Medien, wie zum Beispiel Instagram, Twitter oder TikTok, selbst kuratieren. Wenn da auch nur dieses immer gleiche Bild ist, dass eben jede Influencerin die gleiche Körpergröße hat und die gleiche Konfektionsgröße trägt, sollte man sich vielleicht überlegen, ob das etwas Gutes in einem auslöst. In Social Media haben wir die Macht, dass wir unseren Social Media-Stream mitgestalten können. Wenn wir jedoch ein Frauenmagazin aufmachen, eine Zeitung angucken oder in der U-Bahn die Werbung an einem vorbeirauscht, können wir das nicht einfach von heute auf morgen ändern.

I: Ja, das ist ein sehr guter Punkt. Ich habe auch vor einer Weile damit begonnen, ganz bewusst einen diversen Feed zu schaffen. Und ich habe auch gemerkt wie sich auch meine Ansichten über bestimmte Arten von Aussehen geändert haben. Am Anfang habe ich ganz bewusst gesagt: ”Mensch, ich möchte mich damit auseinandersetzen.” Und mittlerweile ist es das normalste der Welt für mich, dass wir einfach so verschieden aussehen. Und ich finde das wirklich klasse.

B1: Ich finde das immer wirklich erstaunlich. Ich habe das schon ein paar Mal bei Vorträgen oder sowas gesagt, dass man seinen Feed ja selber kuratieren kann. Und das hat immer ganz viel Feedback ausgelöst, als wäre bei ganz vielen Menschen der Groschen gefallen. Weil man sonst am Ende in seinem Social Media-Stream beispielsweise nur hellhäutige Menschen sieht oder keinen einzigen Menschen hat, der im Rollstuhl sitzt, eine andere Konfektionsgröße trägt, oder die dick oder fett ist. Ich weiß, viele zucken bei diesem Wort immer so ein bisschen zusammen. Wir sind nicht gewohnt an Körper, die mehr wiegen als der Durchschnitt, sodass wir das in einem neutralen und wertungsfreien Wort beschreiben könnten. Aber ich benutze dieses Wort nicht, um jemanden abzuwerten, sondern weil es für mich ein ganz normales beschreibendes Adjektiv ist. Das hat mich auch sehr stark zum Umdenken gebracht oder auf meinem Weg unterstützt. Auch mit meinem Körper, der immer schon pummelig war und sich nicht geändert hat, egal wie wenig ich gegessen oder ob ich Sport gemacht habe. Der kuratierte Instagram-Stream hat bei mir viel dazu beigetragen, Zufriedenheit zu erlangen. Frauen zu sehen, die eine ähnliche Figur haben wie ich. Die mit Größe 44 oder mehr ganz selbstbewusst und normal zeigen, wie sie auf dem Sofa sitzen, in Unterwäsche oder Bikini. Das hat bei mir nochmal sehr, sehr viel dazu beigetragen, mich jetzt auch selber so zu zeigen und mich auch in meinem Körper wohl zu fühlen. Mir ist es auch selber aufgefallen, dass es eben diese Bilder waren, die bei mir diesen Eindruck erweckt haben, dass ich auch so aussehen muss. Dass ich genauso schlank sein muss und dass ich auch genauso sein wollte, wie diese ganzen Frauen, die man in der Werbung und im Fernsehen und in den Frauenzeitschriften sieht.

I: Ja. Das kann ich total gut nachvollziehen. Wie siehst Du das mit humorvoller Satire? Also in Richtung von Memes oder Witzen auf Kosten von bestimmten Gruppen? Ist es in Ordnung? Wo zieht man die Grenze zwischen humorvoller Satire und Diskriminierung?

B1: Also alles, was den Körper einer anderen Person diskreditiert, ist nicht okay. Auch wenn es ein gezeichnetes Meme ist, wo man nicht direkt eine Person, sondern eine Gruppe von Menschen diskreditiert. Jetzt zur Corona-Zeit wurden die sozialen Netzwerke ja mit After-Corona-Body Memes überflutet, weil die Leute sich darüber ausgelassen haben, dass sie zugenommen hätten. In dieser Zeit, wo wir alle isoliert zu Hause sitzen und viele Sorgen über unsere Gesundheit und Finanzen haben, den Fokus wieder auf das Äußere zu lenken, ist einfach problematisch. Wie vorher auch schon. Es gab ja auch vor Corona Menschen, die dick waren. Dass dann in so einer Zeit Memes entstehen, wo man sich lustig darüber macht, dass man nicht mehr in seine Hose oder den Bürostuhl passt oder man den Kühlschrank mit einem Schloss verschließen muss, weil man da alle zehn Minuten reinguckt, ist total problematisch. Weil es auf Kosten von dicken Menschen geht, die auch vorher in diesem Körper gelebt haben. Und die Stigmatisierung in Memes, der dicke Menschen ausgesetzt sind, wie zum Beispiel Faulheit oder unkontrolliertes Essen, bekräftigt die Vorurteile gegenüber mehrgewichtigen Menschen. Ich habe schon viele Diskussionen zu dem Thema geführt, dass viele Menschen das wirklich nicht einsehen wollen und auch nicht reflektieren können. Ich habe auch über das Thema After-Corona-Body Memes einen Artikel für die Zeit geschrieben. Und es gab viele, die gesagt haben: “Man darf ja überhaupt keine Witze machen.” Das ist ja der Unterschied, ob man über sich selber einen Witz macht, oder über eine Gruppe von Menschen. Ich finde, man könnte sich dabei überlegen, ob man nicht andere Menschen dadurch verletzen würde. So schwer ist es eigentlich gar nicht bei Memes oder satirischen Witzen.

I: Ja, ich bin ganz Deiner Meinung. Gerade unter Memes oder generell strittigen Themen geht es ja in den Kommentaren meistens ganz schön zur Sache. Hast Du das Gefühl, dass durch diese Anonymität im Netz viel weniger Rücksicht auf die Gefühle anderer genommen wird? Oder erlebst Du die gleiche Art von herablassenden Kommentaren auch in der Realität?

B1: Das ist eine sehr interessante Frage. In den letzten Jahren haben Hasskommentare und diese wirklich verletzenden und herabwürdigenden Kommentare exponentiell zugenommen. Ich habe davon schon eine Sammlung, „Ordner des Schreckens“ genannt. Ich habe mir ein paar Screenshots gemacht. Eigentlich nur, damit ich mich daran erinnern kann, falls ich das mal brauche. Aber ich kriege wirklich Gänsehaut, wenn ich die mir angucke. Mich schüttelt es dann einfach, ich habe schon so eine körperliche Reaktion, weil die Kommentare teilweise wirklich unmöglich und sehr verletzend sind. Es hat bestimmt etwas mit der Anonymität zu tun, dass Menschen nicht verstehen, dass es ein echter Mensch ist, der da sitzt und der natürlich genauso Gefühle hat, wie alle anderen. Mir macht es meistens nichts aus, so Kommentare zu bekommen. Ich wurde jetzt auch von der FAZ zum Thema Bodyshaming interviewt und die Kommentare bei Twitter zu diesem Artikel sind sowas von unterirdisch. Das kann ein Mensch sich einfach nicht vorstellen. Dass da Menschen gerade zu diesem Thema immer doch wieder darauf kommen, zu sagen: “Ja dicke Menschen darf man doch diskriminieren, weil sie sind ja dick. Sie sind ja falsch.” Also die Stigmatisierung, über die wir gerade gesprochen haben, nochmal bekräftigen und das als Grund sehen, eine Gruppe von Menschen öffentlich diskriminieren und verletzen zu dürfen, das ist schon erstaunlich. Aber solche Kommentare höre ich in dieser Menge und diesem Ausmaß nicht auf der Straße oder wenn ich auf Podiumsdiskussionen bin.

I: Ja, das kann ich auf jeden Fall auch aus persönlicher Erfahrung bestätigen. Man hört vielleicht einmal einen blöden Spruch oder man hat als Kind vielleicht ein paar doofe Sachen gehört. Aber es sind ja in der Regel erwachsene Menschen, die da was posten und die haben sich im echten Leben eigentlich schon im Griff.

B1: Also gerade Bodyshaming oder Fat-Shaming kommt oft von Menschen, weil sie es selbst erlebt haben. Ich habe mit ein paar ganz krassen Online-Mobbern etwas länger geschrieben, weil ich wissen wollte, woher das kommt. Man kann das natürlich nicht auf alle übertragen, es gibt einfach auch Idioten, die Spaß daran haben, unbekannte Leute zu piesacken. Aber eine Person sagte: “Ich verstehe nicht, dass Du sagst das darf man nicht. Das hat meine Familie auch gemacht, ich wurde auch immer gehänselt. Deshalb habe ich das Gefühl, ich darf Dir das auch sagen. Weil es schließlich wirklich scheiße aussieht.” Und das ist für mich ganz interessant. Ich habe schon häufiger gehört, dass Leute denken, andere müssen auch dasselbe ertragen, was sie erfahren haben. Dass es etwas ist, was anerkannt ist oder gesellschaftlich nicht geahndet wird, weil sie es schließlich selbst ertragen mussten. Es ist schon interessant und natürlich sehr traurig, dass viele Menschen Bodyshaming, Mobbing oder Fat-Shaming erlebt haben und das dann weitergeben müssen, um sich da vielleicht selber zu erleichtern. Ich habe keine Ahnung warum das so ist, das könnten Psychologen bestimmt erklären. Aber es ist schade, weil das eine Spirale ist. Das hört einfach nicht auf. Irgendjemand muss da einfach aufhören und ich glaube, unsere Gesellschaft wäre dann so viel besser. Wir könnten uns alle so viel besser entfalten und glücklicher sein, wenn wir alle Menschen einfach so leben lassen. Dass sie so aussehen oder sich kleiden können und mit ihren Körpern das machen können, was sie wollen. Wenn wir einfach damit aufhören, andere Leute ständig zu bewerten oder in dem Fall abzuwerten.

I: Total, das kann ich genauso unterschreiben. Was ich daran so paradox finde, ist ja auch, dass die absolute Mehrheit unserer Gesellschaft nicht diesem Schönheitsideal entspricht. Und anstatt dass das Schönheitsideal abgesägt wird, was die logische Konsequenz daraus wäre, probiert sich die Mehrheit der Gesellschaft in irgendwelche Rollen zu zwängen. Sie fangen an, andere zu ärgern, weil sie selbst für ihre Art zu sein geärgert wurden. Das ist doch total paradox. Hast Du irgendeine Idee, wie man dieses Prinzip aufweichen oder ändern kann?

B1: Also ich finde am allerwichtigsten ist es, wirklich aufzuhören sich selber abzuwerten. Ich bin auch immer wieder erstaunt, dass ich diese Stimme aus dem Kopf nicht rauskriege, die mir auch seit meiner Kindheit immer wieder sagt: “Nein, das ist hässlich. Das kannst Du nicht und das darfst Du nicht.” Dass ich mich oder meinen Körper abwerte, obwohl ich mich jetzt schon viele Jahre täglich mit dem Thema auseinandersetze. Und in dem Moment, wo ich das dann höre, sage ich: “Hey, alles gut. Tschüss.” (Lacht) Wenn man nicht darauf aktiv achten kann, ist es manchmal auch echt schwierig diese innere Stimme, die ja jede Person hat, auszustellen oder darauf zu achten, dass sie nicht in etwas negatives hineinrutscht. Auch darauf zu achten, wie man über andere Leute denkt. Wir denken ja den ganzen Tag, stehen zum Beispiel auf der Rolltreppe und sehen eine Frau, die unserer Meinung nach einen zu kurzen Rock trägt oder vielleicht etwas an sich hat, was wir persönlich nicht ästhetisch oder schön finden. Dann diesen Gedanken wegzuschieben und zu sagen: “Hey, es ist alles okay. Diese Person kann machen, was sie will.” Diese Gedanken sind wir ja auch trainiert worden, dadurch, dass wir diesem Schönheitsideal ausgesetzt sind. Wir sind umzingelt von diesem Schönheitsideal. Und wir laufen alle mit quasi einer Lupe durch die Gegend, durch die wir unsere Umwelt und unsere Mitmenschen angucken. Wir haben alle diese Gedanken: “Blöde Frisur.” Aber dann darauf zu achten, mit welcher Erwartungshaltung man selbst durch die Welt geht, mit welcher Bewertung man sich seine Mitmenschen anguckt. Es ist vielleicht nicht bei jedem Menschen so, aber mir hat es sehr geholfen. Am Ende des Tages sind es ja alles Gedanken, die im Kopf bleiben. Und mit diesen gleichen Gedanken wacht man am nächsten Morgen auf und begrüßt sich selber im Spiegel. Das ist eigentlich total einfach, es ist ja nichts, was von außen gekommen ist. Wir alle können verändern, wie wir uns begegnen, wenn wir uns zum Beispiel im Supermarkt sehen. Mit welcher Wertschätzung und mit welcher Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit wir anderen Menschen begegnen. Dass sie blöd angeglotzt werden, kennen ja sehr viele Menschen, die nicht dem Schönheitsideal entsprechen oder einfach anders aussehen. Das klingt vielleicht wirklich banal, aber wenn man anderen Menschen vielleicht auch mal mit einem Lächeln begegnet, ändert es so viel. Ich glaube, wenn man tagsüber Menschen begegnet, die einen anlächeln und nicht blöd anglotzen, würde die Gesellschaft sich wirklich zum besseren verändern.

I: Am Ende hast Du ja quasi gesagt, dass Selbstliebe auch wieder elementar dafür ist, wie wir mit anderen umgehen. Das passt natürlich perfekt in diese Staffel, die sich ja der Selbstliebe widmet. Ich finde, gute Beziehungen fangen immer da an, wo man sich selbst so nimmt wie man ist. Was rätst Du denn unseren Hörerinnen und Hörern abschließend noch, um sich nicht von Medien und Werbung herunterziehen zu lassen, sondern etwas Positives daraus zu gewinnen?

B1: Also bei Werbung muss man sich immer wieder fragen: Wer hat eigentlich einen Nutzen daran, dass wir uns alle so schlecht in unserem Körper fühlen? Das klingt vielleicht etwas hochragend oder kompliziert, aber mir hilft das total, durch die Stadt zu gehen und die ganzen Beautyanzeigen oder die ultra-schlanken jungen Frauen zu sehen, die uns alles Mögliche präsentieren und dann zu hinterfragen: Was ist das eigentlich für ein System und warum wollen eigentlich so viele große Konzerne, dass wir uns in unseren Körpern, so wie wir sind, nicht gut fühlen. Es hilft auch wirklich, das einfach als Werbung zu sehen. Mir hilft das und ich habe auch schon von anderen gehört, dass es hilft. Ich habe ja selber sehr lange bei Frauenmagazinen gearbeitet und ich kann mir mittlerweile keine Frauenmagazine mehr angucken, weil ich es durch eine andere Brille sehe. Oder durch gar keine Brille, je nachdem wie man es sieht. Ich sehe mittlerweile, dass mir diese Diversität an Körpern, an Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe oder unterschiedliche Altersgruppen fehlen. Und ich kann es nicht mehr ernst nehmen, dass es immer noch Magazine gibt, die auf dem Cover irgendetwas von der Drei-Minuten-Diät schreiben. Oder von endlich schlank. Dass es uns seit Jahrzehnten eingeredet wird, dass schlank zu sein das allerwichtigste und erstrebenswerteste in unserem Leben ist, ist irre. Und dass es keine Magazin-Cover gibt, wo steht: „Die fünf tollen Wege zu mehr Selbstliebe“, anstatt: „Drei Minuten und dann endlich schlank“. Dann auch wieder dieses „endlich“. Dass man das endlich erreicht hat, dass alles gut ist und dass man sich endlich in seinem Körper wohlfühlen darf. Man muss dann so ein bisschen darauf achten, wie ich das als Leserin oder Leser konsumiere. Was macht es mit mir, immer diese Menschen zu sehen? Und diese Titelzeilen zu lesen, die uns gar nicht mehr auffallen und die wir einfach so wegkonsumieren? Die fallen uns nicht mehr auf, weil es so normal ist. Weil es der Standard ist, dass auf dem Titelblatt steht: Endlich schlank. Oder: „Diese drei Tipps helfen, um endlich schlank zu sein“. Wenn die eine oder andere Hörerin oder der eine oder andere Hörer dann beim nächsten Mal am Zeitschriftenkiosk steht und wirklich mal darauf achtet, was da so auf den Covern steht und wer da abgebildet ist, wird er oder sie erkennen: “Wow, das stimmt. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass da immer die gleichen Titelzeilen und Menschen drauf sind.”

I: Das war das Interview mit der lieben Melodie. Wenn Ihr mehr über sie erfahren wollt, findet Ihr sie unter anderem auf Instagram unter melodie_michelberger. Als Nächstes kommen wir zu dem Interview mit der lieben Javaneh Eslamboli. Hallo liebe Java, ich freue mich sehr, dass Du heute hier bist. Stell Dich unseren Hörern doch mal kurz selbst vor.

B2: Hallo, liebe Ilka. Vielen lieben Dank, dass ich hier bei Eurem Podcast mit dabei sein darf. Ich bin Java, Selbstliebe- und Beziehungscoach. Ich bin zudem Influencerin und begleite Menschen auf dem Weg zu ihrem authentischen Ich, sodass sie ihr Potenzial entfachen können.

I: Wie kam es denn dazu, dass Du Instagram nutzt, um Deine Botschaft zu verbreiten und für das Thema Selbstliebe einzustehen?

B2: Mit Instagram habe ich überhaupt angefangen, weil es mein Wunsch war, das Thema Selbstliebe in die Welt zu tragen. Weil ich finde, dass dieser Sache zu wenig Beachtung geschenkt wird. Aber es ist essenziell wichtig für ein glückliches und erfülltes Leben. Dafür habe ich Instagram dann genutzt und habe unter Selbstliebe auch Beauty, Fashion und Lifestyle laufen lassen. Ich bin einfach der Meinung: Wenn wir unseren Wert nicht kennen und uns nicht selber mögen und annehmen, wie wir sind, bringen auch der ganze Beauty-Kram und die Klamotten nichts. Also erst die Selbstliebe und dann kommt das andere.

I: Das ist ja so, als hättest Du meine nächste Frage schon gekannt. Dein Motto ist ja: „Beauty begins the moment you decide to be yourself“, also: Schönheit beginnt in dem Moment, wo Du entscheidest, Du selbst zu sein. Nicht leicht in Zeiten von Filtern, perfekten Selfies und mehr, oder?

B2: Ja, das stimmt. Da hast Du recht. Aber das ist immer unsere Entscheidung wofür wir diese Sachen nehmen. Also zum Beispiel nutze ich auch gerne Filter für meine Stories, weil ich keine Lust habe, mich dafür drei Stunden lang zu schminken. Und dann mache ich gerne mal einen Filter drüber. Es ist immer diese Sache, wie wir uns innerlich wahrnehmen. Was für einen Wert wir uns zurechnen, das strahlen wir auch aus. Wie sehr wir uns angenommen haben, wie sehr wir authentisch unsere Wünsche, unsere Träume und unsere Werte leben. Das haben wir alles in unserer Hand. Es gibt natürlich vieles, was uns davon ablenkt, aber wir entscheiden im Endeffekt was wir denken, wie wir uns fühlen und wie wir handeln. Und dieses selbstbestimmte Leben ist etwas, wo ich gerne auch meine Community und meine Coachies hinbegleiten möchte: Aus den Möglichkeiten, die wir haben, einfach das Beste zu machen.

I: Du bist ja auf Instagram auch sehr positiv und inspirierend. Fällt Dir das immer leicht?

B2: Nein, natürlich habe auch ich noch hier und da Baustellen. Wir sind alle Menschen und niemand ist perfekt. Es gibt auch Tage, an denen ich mich schwertue. Aber es ist, wie Du es schon gesagt hast, einfach meine Mission. Es gibt mir so viel Kraft, das miterleben zu dürfen. Und wenn ich meine Coachies begleite und jeden Tag große und kleine Wunder mit ihnen erlebe, auch wenn es verrückt klingt, es gibt mir so viel Kraft. Deswegen weiß ich dann immer, wofür ich das tue und kann mich recht schnell wieder herausholen. Einfach den Fokus ändern, wieder das Positive sein, wieder in die Dankbarkeit gehen, um dann diese Mission wieder weiterzumachen. Weil sie mich glücklich macht und sie macht die Leute um mich herum glücklich und verändert ihr Leben essenziell. Dafür, dass ich das machen darf, bin ich sehr dankbar.

I: Das klingt total schön. Es ist toll, dass Du auch für Dich was daraus ziehen kannst. Denn gerade die Nutzung von Social Media ist nicht immer nur positiv und kann dann auch sehr schnell stressen. Wie siehst Du das denn mit den ganzen neuen Medien? TikTok wird beispielsweise immer populärer. Versuchst Du da alle Trends mitzumachen und stresst Dich das auch manchmal?

B2: Also früher habe ich mich tatsächlich stressen lassen. Jeder guckt natürlich in das Feld rein. Aber ich habe gemerkt, dass ich dann beginne, mich selbst zu verlieren. Und das geht zu keinem Preis, weil mein Selbstwert und meine Selbstannahme an höchster Stelle stehen. Und da habe ich gedacht: “Ich mache das alles so, wie es gut für mich ist, wie es sich gut anfühlt”. Zum Beispiel bin ich jetzt nicht überaktiv auf TikTok. Ich wurde schon oft darauf angesprochen, aber das hat sich bei mir bisher noch nicht ergeben. Es hat sich nicht gut angefühlt, sondern so, als müsste ich das jetzt machen. Und das möchte ich einfach nicht. In meinem Leben achte ich sehr stark darauf, mit dem Flow mitzugehen. Dass es sich gut anfühlt, wenn ich etwas mache. Weil es im Leben meistens so ist, dass wenn wir etwas machen, was sich gut anfühlt, am Ende auch die Ergebnisse gut sind. Aber wenn wir uns dazu drängen, etwas zu tun, dann kann es sein, dass die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen. Auch auf Instagram und so habe ich mittlerweile meine Mitte gefunden. Ich mache es so, wie es mich darstellt, wie es authentisch ist und wie ich finde, dass ich den größten Mehrwert darstelle. Zum Beispiel nehme ich nicht übermäßig viele Kooperationen an und schon gar nicht immer wieder dasselbe, was schon 30.000 andere Leute machen. Sondern ich achte auf das, wofür Instagram auch gedacht war. Nämlich sich authentisch darzustellen, die Leute in sein Leben mitzunehmen, ein bisschen zu inspirieren und vielleicht ein bisschen zu unterhalten.

I: Das ist eine super Herangehensweise und es macht sich ja auch bezahlt. Du hast, glaube ich, eine überwiegend liebe Community, die Dir bestimmt ganz viel gibt. Aber bestimmt bekommst Du manchmal auch unangemessene Kommentare und Nachrichten. Wie gehst Du denn damit um?

B2: Ja, leider auch. Natürlich, wir sind in der Internetwelt. Am Anfang habe ich noch versucht, vernünftig mit diesen Menschen zu reden. Bei mir stand da auch, dass ich in einer Beziehung bin und so weiter. Ich meine: Beziehungscoach, da ergibt es ja auch Sinn, dass ich in einer Beziehung bin und dass es wahrscheinlich gut läuft. Aber das hat nicht immer geklappt, weil die Leute ihre Grenzen nicht kannten und die Grenzen überschritten haben. Das ist ja auch irgendwo nicht gut für mich und das ändert meinen Fokus. Und deswegen habe ich irgendwann diese Leute dann einfach geblockt. (Lacht) Also die Männer. Weil mit denen einfach nicht zu sprechen war und sie dadurch keinen Wert für meine Community dargestellt haben, habe ich mir gedacht: „Das muss nicht sein“, und habe die Leute dann dementsprechend aus meiner Instagram-Welt entfernt.

I: Macht es Dir eigentlich manchmal Angst, Dein Leben so offen zu zeigen? Dass die Menschen so viel über Dich wissen, auch wo Du ungefähr wohnst?

B2: Ich bin ja schon etwas länger in diesem öffentlichen Feld, da habe ich ja schon vorher andere Sachen gemacht. Und ich gebe das preis, womit ich okay bin, dass die Leute das wissen. Meine Adresse wissen sie nicht. (Lacht) Auch nicht, wo ich wohne. Aber ansonsten gebe ich auch wirklich das preis, wo ich möchte, dass die Leute das wissen und womit ich sie inspirieren möchte. Ich meine, mein ganzes Leben wird sie bestimmt nicht interessieren. Ich mache auch super langweilige Sachen und ich möchte mit meinem Kanal ja auch eine Inspiration darstellen. Deswegen teile ich auch nur das mit den Leuten, was sie inspirieren würde, was ihnen einen Mehrwert gibt und sie vielleicht anspornt oder zum Träumen bringt. Und nein, Angst habe ich tatsächlich nicht. Meine Adresse oder dergleichen kennt keiner. Da habe ich, Gott sei Dank, keine schlechten Erfahrungen mit gemacht. Aber das, was ich preisgebe, ist dann auch 100 Prozent ich. Da mache ich keine Zensur, weil auch davon halte ich nichts.

I: Was möchtest Du unseren Hörern denn zum Abschluss noch mitgeben?

B2: Jeder von uns, und das ist keine Floskel, ist unfassbar wundervoll und einzigartig in sich. Und wenn wir anfangen ein bisschen tiefer zu gucken und uns einfach so anzunehmen, wie wir sind und nicht uns nach irgendwelchen Mustern einordnen, sondern einfach unsere Stärken, unsere Schwächen, Wünsche und Träume annehmen, dann entfaltet sich eine große Kraft, die wirklich magisch in unserem Leben wirkt. Und ich finde, jeder einzelne Mensch hat verdient, diese Freude, dieses Glück und diese Magie für sich zu erleben und zu nutzen.

I: Wenn Ihr mehr über sie erfahren wollt, findet Ihr sie ebenfalls auf Instagram unter java_june.

(Musik)

I: Und damit geht die erste Staffel dieses Podcasts auch schon zu Ende. Doch es geht nahtlos weiter, keine Sorge. Ab nächsten Monat erwartet Euch die zweite Staffel, die sich mit dem Thema Cybermobbing auseinandersetzt. Im September werdet Ihr allgemein auf den Kanälen der Audi BKK einige Informationen zu diesem Thema bekommen. Wir beleuchten dabei sowohl die Sicht der Mobbingopfer, als auch die der Eltern, Lehrer und der anderen Schüler. Wenn es Dich interessiert, abonniere doch unseren Kanal, um nichts zu verpassen und gib uns gerne eine Bewertung.

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