Finanzsituation gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und Beitragssätze

Im Jahr 2020 wurde die gesetzliche Obergrenze für Finanzrücklagen bei den Krankenkassen auf das 0,8-fache einer durchschnittlichen Monatsausgabe reduziert. Vorhandene Vermögensstände oberhalb von 0,8 Monatsausgaben waren seither trotz übersteigender Ausgaben abzubauen, bzw. an den Gesundheitsfonds zur Begrenzung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes auf 1,3 Prozentpunkte abzugeben (über 8 Mrd. Euro).

Informationen zur Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung
Informationen zur Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung

Im Herbst 2022 wurde durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) eine erneute Absenkung auf das nunmehr 0,5-fache einer durchschnittlichen Monatsausgabe beschlossen. Darüber hinaus bestehende Reserven werden in Stufen abgeschöpft: Ein weiterer verschärfter Eingriff in die Finanzautonomie der Krankenkassen. Die GKV-Finanzierung wird somit künftig erheblich volatiler. Ohne substantielle Rücklagenpuffer schlagen Ausgabensteigerungen viel direkter auf die Zusatzbeitragssätze durch.

Jegliche unterjährige Ausgabenschwankung wird dazu führen, dass es voraussichtlich vermehrt auch zu unterjährigen Anpassungen der kassenindividuellen Zusatzbeiträge kommen wird. Da solche Erhöhungen jedoch erst zeitversetzt wirken, drohen den Krankenkassen Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz.

Zudem sieht das Gesetz als Berechnungsbasis der Vermögensabgabe die Finanzreserven des Geschäftsjahres 2021 vor. Das Geschäftsjahr 2022 bleibt unberücksichtigt, obwohl einige Krankenkassen bereits in 2022 Vermögen abbauten und in Verbindung mit einem Überschuss an Ausgaben mit einem Defizit abschließen werden.

Die Reduzierung der Obergrenze für die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds auf 0,25 Monatsausgaben und die Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um  0,3 Prozentpunkte generiert zusätzliche Mittel zu Lasten der Beitragszahlenden.

Die bereits im Koalitionsvertrag geregelten höheren Beiträge des Staates zur Gegenfinanzierung der medizinischen Versorgung von ALG-II-Empfängern (ca. 10 Mrd. Euro – Subventionierung derzeit durch die Beitragszahler) und eine Dynamisierung des Bundeszuschusses für den Gesundheitsfonds, bleibt das GKV-FinStG jedoch schuldig.

Krankenversicherung
Tabellarische Aufführung der Finanzsituation der Beitragssätze

Die letzten zwei Jahre begleitete uns die Coronapandemie, die neben ihren Auswirkungen auf das private und wirtschaftliche Umfeld nicht nur zu Höchstwerten bei den Gesundheitskosten führte, sondern auch zu Lieferengpässen bei Arzneimitteln und aufgrund des weltweiten Chipmangels auch die Versorgung der Versicherten mit einer elektronische Gesundheitskarte beeinflusste.

Noch bevor diese Krise bewältigt werden konnte, wird unser Alltag nun zusätzlich durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den Auswirkungen auf die Energieversorgung bestimmt.

Aber auch in diesen schwierigen Zeiten können unsere Versicherten und Firmenkunden sicher sein, dass die Audi BKK ihrem Leitbild eines stabilen und zuhörenden Gesundheitsversorgers in ihrer Region und Partner für betriebliches Gesundheitsmanagement treu bleibt.

Besonders wichtig ist uns daher in dieser Zeit, dass wir trotz der finanziellen Belastung auch im Jahr 2022 einen stabilen Beitragssatz garantieren konnten.

Pflegeversicherung
Tabellarische Aufführung der Finanzsituation der Beitragssätze

Die pandemiebedingten unvorhersehbaren Mehrausgaben in der sozialen Pflegeversicherung (somit an sich versicherungsfremde Leistungen) konnten im Jahr 2022 nicht mehr im Rahmen des geltenden Beitragssatzes – durch die beitragszahlenden Mitglieder – finanziert werden. Zur Vermeidung eines Unterschreitens des gesetzlichen Betriebsmittel- und Rücklagesolls der Pflegekassen wurde daher im Oktober 2022 ein Bundeszuschuss in Höhe von 1,0 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt.

Um das gesetzliche Mindestrücklagensoll bis zum Jahresende 2022 sicherzustellen, wären laut GKV-Spitzenverband ca. 2 Mrd. Euro notwendig. Seit 2020 sind ca. 12 Mrd. Euro pandemiebedingte Mehrausgaben entstanden, wovon bislang lediglich 5,5 Mrd. Euro durch Bundesmittel ausgeglichen wurden. Der Bund ist daher seiner Finanzierungszusage für versicherungsfremde Leistungen aus dem Koalitionsvertrag bislang nicht vollständig nachgekommen.

Rentenversicherung
Tabellarische Aufführung der Finanzsituation Beitragsätze

Die gesetzliche Rentenversicherung berichtete über leicht gestiegene Beitragseinnahmen im ersten Halbjahr 2022 (vor der Energiekrise) und einen Anstieg der Nachhaltigkeitsrücklage um 6,1 Prozent auf 41,4 Mrd. Euro, somit noch leicht über der gesetzlichen Obergrenze von 1,5 Monatsausgaben. Der Beitragssatz bleibt somit weiterhin bei 18,6 Prozent.

Diskussionen gibt es indes zur Mindestrücklage. Seit 2004 liegt dieser Wert bei 0,2 einer Monatsausgabe. Nach Finanzschätzungen wird die aktuelle Rücklage in den nächsten Jahren stark sinken (demographischer Wandel, Streichung Sonderzahlungen vom Bund zur Sicherung des Beitragssatzes) und bereits im Jahr 2025 den Mindestwert von 0,2 erreichen. Über § 158 SGB VI wird dann die Anhebung des Beitragssatzes zum 1. Januar des Folgejahres geregelt – aus heutiger Sicht auf mindestens 19 Prozent.

Durch die geringe Untergrenze von 0,2 einer Monatsausgabe wird jedoch erwartet, dass unterjährige Einnahmeschwankungen, saison- oder krisenbedingt, nicht mehr hinreichend durch die geringe Rücklage abzufangen sind und die unterjährige Zahlungsfähigkeit nur über Liquiditätshilfen des Bundes sichergestellt werden könnte. Ob daher die geforderte Anhebung der Mindestrücklage auf mindestens 0,3 einer Monatsausgabe über das „Rentenpaket II“ erfolgt, bleibt abzuwarten.

Arbeitslosenversicherung
Tabellarische Aufführung der Finanzsituation Beitragsätze

In den nächsten Monaten können sich weitere wirtschaftliche Unwägbarkeiten für Unternehmen ergeben (Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Einschränkungen der Gasversorgung). Die Bundesregierung wurde daher zur Sicherung von Arbeitsplätzen ermächtigt, die bisherigen Regelungen zum Kurzarbeitergeld bis Mitte 2023 zu verlängern.

Vorhandene Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit (BA) wurden in den letzten drei Jahren vollständig aufgebraucht (26 Mrd. Ausgaben allein für Kurzarbeit), sodass zusätzliche Ausgaben nur über zurückzuzahlende Liquiditätshilfen oder Darlehen des Bundes abgefangen werden können und dies somit auch mittelfristig zu einer Anpassung des Beitragssatzes führen könnte, sofern keine Bundeszuschüsse gewährt werden.

Aktuell ist der Beitragssatz nach § 341 SGB III dauerhaft auf 2,6 Prozent festgelegt.

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