Arbeitszeitbetrug: Kündigung wegen Raucherpausen
Dokumentieren Arbeitnehmende ihre Arbeitszeiten nicht korrekt, kann dies eine Kündigung rechtfertigen. Missachten sie die Anordnung bei Raucherpausen auszustempeln, ist dies ein Kündigungsgrund.
Die Kündigung einer Jobcenter-Mitarbeiterin erklärte das LAG Thüringen für rechtmäßig, da sie trotz Anordnung bei Raucherpausen nicht ausstempelte. Eine Abmahnung sei wegen der schwerwiegenden Arbeitszeitmanipulation überflüssig gewesen.
Dokumentieren Arbeitnehmende ihre Arbeitszeit nicht korrekt, ist dies eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Missachten Mitarbeitende die Anordnung, bei Raucherpausen auszustempeln, ist dies kein Kavaliersdelikt, sondern ein Kündigungsgrund.
Im Jobcenter gilt die Regelung, dass Beschäftigte beim Betreten und Verlassen des Dienstgebäudes für Raucherpausen, Kantinenbesuche etc. die Arbeitszeit erfassen müssen. Eine Überprüfung ergab 2019, dass die Mitarbeiterin an drei Tagen in Folge keine einzige Pause gebucht hatte. Sie hatte aber ihre digitale Karte zum Betreten des Gebäudes mehrfach am Tag genutzt. Zu einer möglichen Arbeitszeitmanipulation forderte der Arbeitgeber sie deshalb auf Stellung zu nehmen.
Die Arbeitnehmerin gab an, dass sie in den genannten Zeiten Zigarettenpausen gemacht habe. Sie versicherte, dass der "Schludrian" zu Ende sei und sie ab jetzt ihre Raucherpausen korrekt angebe. Daraufhin kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise fristgerecht.
Die Jobvermittlerin argumentierte, dass die Kündigung nicht rechtmäßig sei, da "wilde Raucherpausen" jahrelang toleriert wurden, sodass eine betriebliche Übung entstanden sei. Außerdem sei sie nicht abgemahnt worden und aufgrund ihrer Nikotinsucht könne der Arbeitgeber sie allenfalls krankheitsbedingt kündigen.
Das Arbeitsgericht Suhl entschied, es sei zuzumuten, die Kündigungsfrist abzuwarten, da die Arbeitnehmerin sich einsichtig gezeigt habe. Die fristlose Kündigung erklärte es für unwirksam. Die ordentliche Kündigung sei wegen des Verstoßes gegen die Dokumentationspflichten rechtmäßig.
Das Landesarbeitsgericht Thüringen bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Aus Sicht des LAGs Thüringen war die Kündigung als verhaltensbedingte Kündigung wegen beharrlicher Verstöße gegen Dokumentationspflichten und des daraus folgenden Arbeitszeitbetrugs gerechtfertigt. Das wiederholte Nichtbuchen der Pausen und damit verbundene Erschleichen von bezahlter Freizeit stelle einen Vertrauensbruch dar, der die Kündigung auch bei einer langjährigen Betriebszugehörigkeit rechtfertige.
In der Urteilsbegründung machte das LAG Thüringen klar, dass eine Abmahnung entbehrlich sei bei einer schwerwiegenden Pflichtverletzung, zum Beispiel falschen Arbeitszeitaufzeichnungen. In diesen Fällen sei regelmäßig das notwendige Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört. Es komme auch nicht auf eine negative Zukunftsprognose an. Somit war es nicht erheblich, dass die Arbeitnehmerin nach dem Vorfall ihr Verhalten geändert und die Zeiten danach korrekt aufgeschrieben hatte.
Quelle: Landesarbeitsgericht Thüringen, Urteil vom 3. Mai 2022, Az: 1 Sa 18/21; Vorinstanz: Arbeitsgericht Suhl, Urteil vom 29. Juli 2020, Az: 6 Ca 248/19