Fortbildungskosten: Rückzahlung bei Eigenkündigung?

Arbeitgeber können bei einer vorzeitigen Kündigung nicht immer die Rückzahlung von Fortbildungskosten verlangen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied im vorliegenden Fall, dass die Rückzahlungsklausel im Fortbildungsvertrag die Arbeitnehmerin unangemessen benachteilige.

Finanziert ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten eine Fortbildung, so kann er nicht pauschal eine Rückzahlungspflicht wegen wiederholtem Nichtablegen der Prüfung vereinbaren ohne die Gründe dafür zu betrachten. Das BAG entschied: Fallkonstellationen, in denen die Gründe für das Nichtablegen der Prüfung außerhalb der Verantwortung des Arbeitnehmenden liegen, sind von der Rückzahlungspflicht auszunehmen, damit eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmenden vermieden werde.

Zum vorliegenden Fall: Die Buchhalterin einer Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei nahm ab August 2017 an einem „Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung“ teil. Im vereinbarten Fortbildungsvertrag wurde per AGB vereinbart, dass die Teilnahme im Interesse ihrer beruflichen Fort- und Weiterbildung erfolgt und mit bis zu 10.000 Euro gefördert wird. Die Weiterbildungskosten waren laut AGB unter folgenden Bedingungen zurückzuzahlen: wenn die Arbeitnehmerin innerhalb von 24 Monaten nach dem Berufsexamen (bestanden oder nicht bestanden) das Unternehmen verlässt oder wenn sie das Examen wiederholt nicht ablegt. Der Arbeitgeber erstattete der Mitarbeiterin 3.883,93 Euro an Lehrgangsgebühren sowie die Anmeldegebühr (200 Euro) zur Steuerberaterprüfung. Die Arbeitnehmerin trat jedoch weder zu letzterer (2018) noch zu den Prüfungen der Jahre 2019 und 2020 an. Am 14. Mai 2020 kündigte sie schriftlich das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2020. Daraufhin forderte die Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei die von ihr gezahlten rund 4.000 Euro von der Mitarbeiterin zurück.

Wann ist eine Rückzahlungsverpflichtung unwirksam?
Zunächst war der Arbeitgeber in erster Instanz vor dem AG Lingen sowie in der Berufungsinstanz vor dem LAG Niedersachsen erfolgreich. Im Revisionsverfahren sah das BAG die Sache jedoch anders: Das Gericht gab der Arbeitnehmerin Recht, dass kein Rückzahlungsanspruch seitens des Arbeitgebers bestehe. Der Grund: Bei den im Fortbildungsvertrag getroffenen Abreden handele es sich um AGB, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalten und daher unwirksam sind. Nach diesem Paragraphen sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Zwar sind einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich Arbeitnehmende an den Fortbildungskosten zu beteiligen haben, grundsätzlich zulässig und benachteiligen Arbeitnehmende nicht generell unangemessen (sofern diese die Fortbildung nicht beenden). Jedoch: Eine Rückzahlungsverpflichtung, die an ein wiederholtes Nichtablegen des Examens anknüpft, könne den Arbeitnehmenden unangemessen benachteiligen, so das BAG. Warum? Weil sie geeignet sei, auf den Beschäftigten einen Bleibedruck auszuüben und damit sein Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes einschränke (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG). 

Die Rückzahlungspflicht müsste – um für den Arbeitnehmenden zumutbar zu sein – einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entsprechen. Gleichzeitig müsste den möglichen Nachteilen für den Mitarbeitenden ein angemessener Ausgleich gegenüberstehen. Im vorliegenden Fall knüpft die Rückzahlungspflicht laut BAG jedoch an das wiederholte Nichtablegen des Examens an, ohne genau zu differenzieren, warum die Prüfung nicht abgelegt wurde. Fallkonstellationen, in denen eine nicht abgelegte Prüfung nicht in der Verantwortungssphäre des Arbeitnehmenden liege, seien von der Rückzahlungspflicht auszunehmen.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. April 2023, Az. 9 AZR 187/22)

 

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